Ver.dis Aufgabe

betr.: „Strategien der Gewerkschaften“, taz vom 31. 3. 08

Richard Rothers Ansicht, Ver.di habe Rücksicht auf Bahnkunden zu nehmen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Es ist Aufgabe der Geschäftsführung eines Unternehmens, auf seine Kunden und MitarbeiterInnen Rücksicht zu nehmen. Aufgabe von Ver.di ist es, Druck auf die Geschäftsführung von Unternehmen auszuüben, damit diese ihre MitarbeiterInnen nicht ausbeuten, sondern angemessen ihrer Zahl- und Fürsorgepflicht nachkommen.

Unklare Grenzen in der Aufgabenwahrnehmung und -erfüllung haben viel größere gesellschaftliche Auswirkungen als nur im Fall der Bahn. Das vielfach beschworene „unternehmerische Risiko“ wird vielfach von der Geschäftsführung auf die Belegschaft, deren VertreterInnen oder die Kunden abgewälzt. Dabei haben die Letztgenannten eben keine oder verschwindend geringe Entscheidungsmacht – und sind somit auch nicht für Fehlentscheidungen „unternehmerischen Handelns“ verantwortlich zu machen. Das hat auch mit den Angriffen der Initiative Neue Marktwirtschaft zu tun, die sich anmaßen wollte, suggestiv das berufliche Identitätsgefühl von Menschen definieren zu wollen.

Wenn wieder klar ist, wer genau welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu erfüllen hat – und welche nicht, wird auch deutlich, wo der Bock sitzt, der Mist baut.

BARBARA RINGLAGE-LOCHNER, Essen

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