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Archiv-Artikel

Faire ökonomische Teilhabe

betr.: „Ihr täglich Brot“, „IWF merkt’s auch. Warnung vor teuren Lebensmitteln“, taz vom 14. 4.08

Die Frage der gerechten Verteilung von Lebensmitteln für Arm und Reich ist kein neues Thema. Mit schöner Regelmäßigkeit kehrt die Debatte zurück auf die öffentliche und politische Agenda. Der Sündenbock für drohenden Hunger scheint sich an der tagesaktuellen Diskussion zu orientieren. Nun ist erstmals Biosprit dran. Ist der Treibstoffbedarf des Westens verantwortlich für die berechtigten Proteste in Haiti oder Ägypten? Angesichts der zunehmenden Verflechtung der Weltwirtschaft erscheint diese These zunächst plausibel. Belastbar ist sie dennoch nicht.

Vielmehr sind Agrarrohstoffe mehr und mehr Gegenstand von Spekulanten geworden. Die Entwicklung verläuft dabei ähnlich wie beim Ölpreis: Nicht die tatsächliche Nachfrage und das vorhandene Angebot bestimmen den Preis, sondern die Aussicht auf kurzfristigen Börsenprofit. Analysten zufolge sind 50 % der jüngsten Preisanstiege bei Weizen, Reis und Mais auf diese Börsenlogik zurückzuführen. Für Menschen, die auf billige Grundnahrungsmittel angewiesen sind, ist diese Tatsache dennoch bedrohlich. Die Konkurrenz durch Energiepflanzen indes ist verschwindend gering, wie die der Faktenverschleierung unverdächtige UN-Welternährungsorganisation FAO darlegt: 42 Millionen km2 Land stehen weltweit für landwirtschaftliche Zwecke zur Verfügung. Tatsächlich genutzt wird davon nur ein gutes Drittel (15 Millionen km2), wovon wiederum nur 0,11 Millionen km2 für Biokraftstoffe verwendet werden. Nach Schätzungen der FAO sollen in 2030 etwa dreimal so viele Flächen der Biospritproduktion dienen, was etwa 2 % der globalen Agrarflächen entspräche.

Den Hunger muss die Weltgemeinschaft daher mit anderen Waffen bekämpfen: Weg mit der Abschottung der EU-Agrarmärkte, her mit einer konsequenten Integration der südlichen Länder in die Weltwirtschaft. Die Menschen in Afrika wünschen sich mitnichten, am Tropf billiger Grundnahrungsmittel zu hängen, sondern sie fordern zu Recht eine faire ökonomische Teilhabe und Perspektive. Die beste Versicherung gegen Hunger ist ein verlässliches Einkommen – das wissen nicht zuletzt Weltbank, Internationaler Währungsfonds und das Entwicklungsministerium. FALK STENDAL, Berlin