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Archiv-Artikel

Rebellen scheitern im TUI-Machtkampf

Im Streit um die Strategie des Tourismus- und Schifffahrtskonzerns behält Vorstandschef Frenzel die Oberhand – vorerst

HANNOVER taz ■ Der norwegische TUI-Großaktionär John Frederiksen hat den Machtkampf um den größten Touristikkonzern Europas vorerst verloren. Nach elf Stunden Aktionärsgetöse auf einer zuweilen höchst dramatischen Hauptversammlung scheiterte der Antrag des Multimilliardärs, den Aufsichtsratschef zu stürzen. Aber Frederiksen droht mit einer Neuauflage.

Kurz vor 23 Uhr stand das Ergebnis fest. 57,24 Prozent der in Hannover anwesenden Anteilseigner stimmten gegen die Abwahl von Jürgen Krumnow. „Wir geben nicht auf“, sagte Frederiksens Vertreter Tor Olav Troim. „Wir werden uns wiedersehen.“

Das darf TUI-Chef Michael Frenzel, dessen Konzernstrategie der ruppige Norweger mit dem Abwahlantrag gegen den Aufsichtsratsboss attackiert hatte, durchaus als Drohung auffassen: Man könne sich „leicht ausrechnen, was passiert, wenn Frederiksen noch ein paar Aktien dazukauft und auf eine außerordentliche Hauptversammlung dringt“, sagte Martina Noß, Analystin der NordLB, am Tag nach dem Aktionärs-Showdown.

Frederiksen hatte im November vergangenen Jahres rund eine Milliarde Euro in die TUI investiert. Seitdem ist er mit knapp zwölf Prozent größter Einzelteilhaber des Konzerns, der 68.000 Mitarbeiter beschäftigt und 22 Milliarden Euro Umsatz macht. Und er will möglichst schnell Cash sehen. „Ich sehe in den Gesichtern von Vorstand und Aufsichtsrat keine Passion, keine Energie, keinen Geist“, klagte sein Sprecher Troim. Da Manager und Kontrolleure vor sich hin wurschtelten, sei es kein Wunder, dass der TUI-Aktienkurs in der 14-jährigen Amtszeit Frenzels sogar gesunken sei.

Bei vielen anderen Aktionären kam er damit gut an. „Endlich haut jemand auf den Putz“, zischten einige. Andere riefen „pfui“, als der Frederiksen-Vertraute erzählte, die TUI lasse die ungeliebten Anteilseigner von Detektiven beschatten.

Dabei hat Frederiksen Konzernchef Frenzel schon dazu gedrängt, die seit Jahren von ihm verfochtene „Zwei-Säulen-Strategie“ aufzugeben: Die eine Säule, die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd, die fünftgrößter Schiffbauer der Welt ist, soll verkauft werden. Die andere Säule ist der Tourismusbereich, der 2007 rund 27 Millionen Urlauber verschickte. Dieses ursprüngliche Kerngeschäft soll wieder in den Mittelpunkt rücken.

Vielleicht fünf Milliarden Euro ist Hapag-Lloyd wert: Wie sich aus dem Verkauf das meiste Kapital schlagen lässt, ist unter den TUI-Granden umstritten: Frederiksen lehnt einen überhasteten Verkauf der Schifffahrtssparte ab. So wäre nur „ein schlechter Preis zu erhalten“, sagte sein Vertrauter Troim. Frenzel, der am Mittwoch unter anderem auf die Stimme des russischen Stahl-Milliardärs Alexej Mordaschow zählen konnte, will den Verkauf dagegen „zügig“ über die Bühne bringen.

KAI SCHÖNEBERG