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: Winkelmaier suchen nach den schönsten Spielsachen

Neulich in Mitte: Eine 13-Jährige geht am Spreeufer entlang. Ihr Haar toupiert wie eine Bardame, sie ist heftig geschminkt, trägt einen schwingenden schwarzweißen Kurzmantel und an den Füßen Schnürstiefel, die sämtliche physikalische Gesetze Lügen strafen. Eigentlich kann man in so was gar nicht laufen – aber die Puppenfrau kriegt das hin. Erstaunlich! Zehn Minuten später sehe ich sie wieder. Sie ist nicht mehr allein, etwa 200 Kinder und Jugendliche haben sich am Bodemuseum verabredet – zum Cosplay. Das Wort ist eine Abkürzung für costume play, die Teilnehmer verkleiden sich wie ihre Lieblingsfiguren aus Mangas und Animes. Was sich da präsentiert, ist atemberaubend. Mädchen – vor allem Mädchen – haben sich verkleidet wie Minidominas, andere schauen aus wie ein Dienstmädchen der Biedermeierzeit, oder sie tragen medizinische Mundschutze, auf die sie Kitty-Schnäuzchen gemalt haben. Der Aufwand, den die Cosplayer betreiben, ist unglaublich, das Ergebnis bizarr, aber toll anzusehen. Heute ist es so weit. All die Mädchen vom Bodemuseum treffen sich im Hohenzollernsaal zum Manga Matsuri 2008, dem großen Hauptstadt-Event für Freaks. Um zehn geht die Tür auf: Erst mal ist Schaulaufen angesagt. Jeder kann sich in seinem Kostüm fotografieren lassen, danach Cruising, während das Publikum sein Voting für vier Kategorien abgibt. Die Sause geht jugendkompatibel bis 22 Uhr. Wollte man verlängern, wäre der Saal wahrscheinlich wegen des Jugendschutzes leer, denn Cosplay ist tatsächlich so etwas wie eine extrem schön anzusehende Kinderkrankheit. Das Beste wird sein, man zahlt dem eigenen Cosplay-Kind vorher noch das komplette Mai-Taschengeld aus, denn natürlich haben sich die angesagtesten Ausstatter angesagt. Das Mädchen vom Spreeufer hat ja schon diese Schnürstiefel – mal sehen, was sie beim Manga Matsuri findet.

Manga Matsuri 2008, Hohenzollernsaal, Hohenzollerndamm 202, Sa, 10–22 Uhr, Eintritt 6 Euro, 5 für Cosplayer, Kinder bis 13 Jahren 3,50