: Amflora … eine endlose Geschichte
BASF möchte mit einer gentechnisch veränderten Kartoffel die Stärkeproduktion revolutionieren
Die Zahl der Pressemitteilungen der BASF AG, in denen mit der europäischen Anbauzulassung für die gentechnisch veränderte Kartoffel „Amflora“ „in naher Zukunft“ oder „schon bald“ gerechnet wird, lässt sich an den Fingern einer Hand nicht mehr abzählen. Deutlich wird aber, dass der weltgrößte Chemiekonzern langsam die Geduld verliert. Der Ton wird schärfer, seit Neuestem droht die BASF sogar mit einer Klage gegen die Kommission der Europäischen Union.
Veränderte Kriterien
Seit 1998 läuft das Verfahren mittlerweile, und es ist wohl nicht übertrieben, die Amflora als eines der Opfer des Novellierungsprozesses europäischen Gentechnikrechtes anzusehen. Mit der Überarbeitung wurden die Rahmenbedingungen für die Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen deutlich verschärft, sowohl in Bezug auf den Anbau als auch auf deren Verwendung als Lebens- und Futtermittel.
Die Stärke der Amflora, das Amylopektin, ist für den industriellen Einsatz vorgesehen. Reststoffe der Produktion sollen zur Fütterung genutzt werden. Dafür bedarf es dem EU-Recht folgend einer doppelten Genehmigung, einer für den Anbau und einer für die Futterverwertung. Da die BASF aber offensichtlich Sorge hat, dass auch Lebensmittel verunreinigt werden, hat sie eine Spezialzulassung für derartige Kontaminationen beantragt: Verunreinigungen bis zu dem Kennzeichnungs-Grenzwert von 0,9 Prozent sollen erlaubt sein. Erst wenn mehr als 0,9 Prozent Amflora in konventionellen oder Biokartoffeln zu finden sind, müssen diese vom Markt genommen werden. Eine solche Spezialzulassung wurde nicht ohne Grund beantragt, gilt doch das Nebeneinander von GVO auf der einen Seite und konventioneller sowie ökologischer Ware auf der anderen Seite als praktisch nicht zu gewährleisten. Gleichzeitig kennt das europäische Recht bei nicht zugelassenen GVO keine Toleranz – werden solche Verunreinigungen festgestellt, muss die Ware vom Markt genommen werden.
Antibiotikaresistenz
Für eine Zulassung als Lebens- und Futtermittel fehlt Amflora die Voraussetzung. Da sie nur für die industrielle Verwertung gedacht war, wurde sie nur unzureichend auf Lebensmittelsicherheit getestet. Immer wieder kritisiert wurde in den letzten Jahren, dass neben der gentechnischen Veränderung, die dafür sorgt, dass die BASF-Kartoffel nur Amylopektinstärke produziert und nicht wie herkömmliche Kartoffeln auch Amylose, noch ein weiteres gentechnisches Konstrukt eingebaut wurde. Zur leichteren Handhabbarkeit im Labor wurde Amflora nämlich ein sogenanntes Antibiotikaresistenz-Markergen eingesetzt. Pflanzen mit solchen Markergenen müssen nach europäischem Recht „bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung besonders berücksichtigt werden, und zwar im Hinblick auf die Identifizierung und schrittweise Einstellung der Verwendung von Antibiotikaresistenzmarkern…“.
Grund sind die schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schreibt auf ihrer Homepage schlicht: „Although the probability of transfer is low, the use of technology without antibiotic resistance genes has been encouraged by a recent FAO/WHO expert panel.“ Damit stellt sich die WHO auch klar gegen die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die genau das Argument der geringeren Wahrscheinlichkeit ins Zentrum ihrer Unbedenklichkeitserklärung für Amflora stellt. Das Szenario für eine Übertragung der Antibiotikaresistenz auf Krankheitskeime lautet wie folgt: Mit der Verwendung der Markergene in gentechnisch veränderten Pflanzen nimmt ihre Verbreitung deutlich zu. Da eine DNA-Übertragung von einem Bakterium zum anderen kein ungewöhnliches Ereignis ist, kann auch die Resistenz auf – zum Beispiel – im menschlichen Darm lebende Keime übertragen und damit die Gefahr weiterer antibiotikaresistenter Keime erhöht werden. Dies gilt es nicht nur nach Ansicht der WHO zu vermeiden. Auch die Europäische Medikamentenbehörde EMEA betont die zunehmende Bedeutung gerade der Antibiotika-Gruppe, gegen die das Genkonstrukt in der Amflora eine Resistenz vermitteln soll.
Die Kritik an Amflora und nicht zuletzt auch an der Bewertungspraxis der EFSA ist damit aber nicht erschöpft. Bei der Überprüfung möglicher Umweltschäden akzeptierten die Lebensmittelexperten die Darstellung von weitgehend agronomischen Daten, um festzustellen, dass von Amflora-Kartoffeln keine größere Gefahr ausgeht als von konventionell gezüchteten.
Es bleibt zu hoffen, dass die EU-Institutionen – allen voran die Kommission und der Rat – sich und vor allem das verabschiedete Recht ernst nehmen und den machtpolitischen Muskelspielchen der BASF nicht nachgeben. Amflora darf nicht auf den Acker!
CHRISTOPH POTTHOF,
genethisches Netzwerk