: Zu wenig Vogelschutz in Eiderstedt
Die Europäische Kommission stellt der schleswig-holsteinischen Landesregierung ein Ultimatum: Die Ausweisung von Vogelschutzgebieten muss nachgebessert werden. Strafzahlungen und eine Klage vor dem EuGH drohen
„Das Überleben der Trauerseeschwalbe auf Eiderstedt ist nicht gesichert“, durch das „schleswig-holsteinische Auswahlkonzept ist keine ausreichende Berücksichtigung der Wiesenbrüter erreicht“: Diese Kritik steht in einem Brief der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission an den Kieler Landwirtschaftsminister Christian von Boetticher (CDU).
Das Dokument wurde von den Grünen bekannt gemacht – es sei der Landtagsfraktion zugespielt worden, so deren Vorsitzender Karl-Martin Hentschel. Sein Fazit: „Der Brief macht klar, dass die Aussage des Ministers, die von ihm gemeldeten Vogelschutzgebiete würden der Überprüfung standhalten, falsch ist.“
Von Boetticher war mit dem Versprechen angetreten, nur kleine Teile Eiderstedts unter Schutz zu stellen. Auf großen Flächen des Areals ließ er in großem Umfang Grünlandumbruch, Baggerarbeiten – auch während der Brutzeit der Trauerseeschwalbe – und andere Eingriffe in den Naturhaushalt des Gebiets zu. Die Halbinsel bietet zahlreichen seltenen Vogelarten Brut und Rastplätze. Von Boettichers Vorgänger Klaus Müller (Grüne) wollten daher fast die gesamte Region unter Schutz stellen. Dagegen liefen Landwirte Sturm. Von Boetticher wies nur Teilflächen aus – zu wenig, wie der Brief aus Brüssel zeigt.
Bis Ende Mai müsse das Land die Nachmeldung weiterer Flächen zusichern, heißt es in dem Schreiben der Generaldirektion Umwelt. Und weiter: „Sollte keine Zusage erfolgen, kann das Auswahlkonzept des Landes Schleswig-Holstein nicht als sachgerecht anerkannt werden.“ Die EU droht damit, die „Important Bird Area“-Liste zur weiteren Verfahrensgrundlage zu machen, sollte Boetticher nicht bis zum 31. Mai nachbessern. In dieser Liste wird ein Vogelschutzgebiet von rund 13.000 Hektar genannt, das weitgehend den Planungen von Boetticher-Vorgänger Müller entspricht.
Alle EU-Länder haben sich zu den Vogelschutzzielen bekannt und zugesichert, Flächen zu melden. Die Europäische Kommission hatte bereits im vorigen Jahr eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Schleswig-Holstein wegen der unzureichenden Meldung von Vogelschutzgebieten angedroht.
ESTHER GEISSLINGER