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Archiv-Artikel

Ballkunde gut

Fast so leicht wie Torwandschießen? Wie ZDF-„Sportstudio“-Frontmann Michael Steinbrecher Professor der Universität Dortmund werden will

AUS DORTMUND BORIS ROSENKRANZ

Da hält er seine Probevorlesung an der Technischen Universität (TU) Dortmund, und was passiert? Der Film läuft nicht. Ausgerechnet. Aber für einen erfahrenen Fernsehmann wie Michael Steinbrecher ist das natürlich kein Problem: Die Panne wird einfach klein gequatscht, der Auftritt ist schließlich wichtig. Denn im Herbst wird am Institut für Journalistik (IfJ) der Uni, wo der ZDF-Moderator einst selbst studierte, eine Professur für „Crossmediale Entwicklungen im Journalismus“ frei. Steinbrecher hat sich beworben. Und ist nun unter den letzten vier Kandidaten.

Die Probevorlesung Anfang des Monats hat der 42-Jährige, trotz Panne, elegant über die Bühne gebracht. Studenten erzählen, es sei eine gute Show gewesen. Wie gesagt: Reden kann er. Und wie zu hören ist, stehen seine Chancen gar nicht schlecht. Fragt sich nur, weshalb? Weil Steinbrecher es wissenschaftlich draufhat? Oder eher, weil er bekannt ist?

Ginge es dem renommierten Institut darum, sich Prominenz ins Haus zu holen, wäre Steinbrecher eine gute Wahl: Mit 26 wurde er jüngster Moderator des „Aktuellen Sportstudios“ im ZDF, das er immer noch moderiert, er arbeitete beim Politmagazin „Frontal“, drehte Reportagen, und im Juni berichtet der ehemalige Rechtsaußen von Westfalia Herne aus dem EM-Quartier der deutschen Nationalelf. Bekannt ist er also. Erfahren auch. Nur werden für die Professur auch „hervorragende wissenschaftliche Leistungen“ erwartet. Und da sieht es bei Steinbrecher eher mau aus.

Akademisch ist er bislang kaum in Erscheinung getreten. Zwar hat Steinbrecher schon mal Seminare gegeben in Dortmund – umfangreich geforscht aber hat er nicht. Seine Doktorarbeit ist eben erst fertig geworden, praktischerweise zur Bewerbung. Thema: „Die Olympischen Spiele im Spiegel der Medien“.

In Kürze wird er wohl promoviert. Aber auch mit einem Doktorhut sähe Steinbrecher neben den anderen Bewerbern blass aus: Klaus Meier ist Professor in Darmstadt, Thorsten Quandt lehrt an der Freien Universität Berlin, und Sonja Kretzschmar, die einzige Frau unter den letzten vier Anwärtern, arbeitet an der Uni Münster.

In Dortmund hält man sich mit Verweis auf das laufende Berufungsverfahren bedeckt. Schon von der Probevorlesung wollte das IfJ Journalisten ausschließen, was einige Studenten verwunderte: Eine Universität, die Journalisten ausbildet, scheut Berichterstattung? Als die Lokalpresse trotzdem schrieb, herrschte blanke Aufregung. Es sei sehr bedenklich, dass darüber berichtet worden sei, sagt Frank Lobigs, Vorsitzender der Berufungskommission. Aber natürlich habe das keinen Einfluss auf die Entscheidung der Kommission, ebenso wenig wie Steinbrechers Prominenz: „Bekanntheit ist ein Aspekt“, sagt Lobigs, „aber kein wesentlicher.“

Steinbrecher selbst möchte sich derzeit nicht zu dem Thema äußern. Nicht mal zu der Frage, weshalb er, der Einser-Absolvent, Professor werden will. Weil so ein Titel schmückt? Könnte ja sein. Immerhin haben ja auch sein oberster Boss, ZDF-Intendant Markus Schächter, und diverse ARD-Hierarchen einen Prof. vor dem Namen. Die meisten hiervon sind allerdings ehrenhalber tätig. Bei Steinbrecher geht es um eine hauptamtliche Stelle der Besoldungsstufe W 3 mit Pensionsberechtigung.

Für den Fall, dass er genommen wird, ließ der Moderator schon mal durchblicken, dass er beides, TV und Uni, zusammen stemmen will. Das ZDF hätte mit der Doppelbelastung kein Problem, heißt es aus Mainz. Steinbrecher ist dort freier Mitarbeiter und hat seit 2005 seine eigene Produktionsfirma Stonebreaker TV. Zeitintensive Nebenjobs kennt man ja auch von anderen Hochschullehrern zur Genüge. Forschen würde der potenzielle Prof. Steinbrecher jedenfalls auch künftig wohl eher im Stadion.