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Archiv-Artikel

Bei Kindern bitte sparen

In den ersten sechs Lebensjahren ist die Haut noch nicht ausgereift. Reizarme Pflege ist deshalb am besten für die junge Haut

Die Haut eines Neugeborenen ist noch nicht ausgereift: fünfmal dünner als Erwachsenenhaut, verliert sie mehr Wasser, als sie aufnehmen kann, und ihre Widerstandskraft ist beschränkt. „Neugeborene sind häufig von einer weißen, cremigen Schicht bedeckt, die man Käseschmiere nennt. Diese Schicht schützt und versorgt die Haut des Babys im Bauch der Mutter“, erklärt Hebamme Birgit Laue. Nach der Geburt verliert sich die Käseschmiere, und es bildet sich ein Säureschutzmantel, der die Hautfeuchtigkeit im Gleichgewicht hält und die Haut gegen äußere Einflüsse schützt.

Dieser Säureschutzmantel ist allerdings erst bei einem sechsjährigen Kind voll funktionstüchtig. Bis dahin ist die Haut allen äußeren Reizen leicht zugänglich. „Bevor die Haut ausgewachsen ist, mangelt es ihr an natürlichen Verteidigungselementen, und jede unbehandelte Verletzung kann sich infizieren“, erklärt Daniel Schürch vom Unternehmen Alpaderm.

Bei kleinen Kindern wie bei Babys muss man also in der Auswahl der Pflegemittel zum einen auf die Empfindlichkeit der Haut Rücksicht nehmen, zum anderen darauf, dass die Kinderhaut schneller austrocknet, weil die Schweißdrüsen noch nicht voll funktionsbereit sind. „Wir verwenden nur natürliche und altbewährte Wirkungsstoffe wie Jojobaöl, Nachtkerzenöl, Sanddorn oder Calendula“, sagt Daniel Schürch. Calendula, im Volksmund Ringelblume genannt, ist ein sehr beliebter Inhaltsstoff – gerade in Kinder- und Babyprodukten. Die Kinderpflegeserie von Weleda basiert gar auf Ringelblumenextrakt.

Die Berliner Medizinerin Franziska Prosch hält davon jedoch nicht viel: „Calendula dringt – aufgrund der natürlichen Inhaltsstoffe – sehr tief in die Haut ein. Die Creme kann dadurch verstärkt mit dem Immunsystem des Neugeborenen wechselwirken und ist in der Lage, Allergien zu provozieren.“ Mit Babypflege kennt Franziska Prosch sich aus: In ihrer Doktorarbeit beschäftigte sie sich damit, welche Pflege die Anpassungsprozesse der Säuglingshaut nach der Geburt unterstützt. „Ich habe zwei Gruppen von Säuglingen verglichen: Die einen wurden nach dem Baden eingecremt, die anderen nicht“, erklärt Prosch. Sie habe deutliche Unterschiede in der Reifung der Neugeborenenhaut festgestellt: „Die Haut der Säuglinge, die nach dem Baden gepflegt wurden, passte sich schneller den äußeren Bedingungen an.“ Prosch empfiehlt aber, bei Babyhaut von natürlichen Produkten, die möglicherweise Calendula enthalten, abzusehen, und lieber zu einer konventionellen Babypflegecreme zu greifen.

Für die weiter entwickelte Kinderhaut stellen natürliche Produkte keine nennenswerte Bedrohung mehr dar, weil ihre Widerstandskraft höher ist als die der Säuglingshaut. Trotzdem ist auch Kinderhaut, bei der der Säureschutzmantel bereits ausgebildet ist, empfindlicher als Erwachsenenhaut. Besonders bei Kindern mit Hautallergien dürfen Waschgels nur äußerst sparsam dosiert werden: „Durch die darin enthaltenen Tenside wird der Säureschutzmantel zerstört. Die Regeneration dauert auch bei gesunder Haut schon sechs Stunden, allergische Haut braucht noch viel länger, um den Schutzmantel wiederaufzubauen“, sagt Sabine Kästner von Lavera. Ein Drittel aller Kinder im Einschulungsalter leidet mittlerweile an allergischen Hautirritationen wie Neurodermitis. „In unserer Neutral-Pflegelinie für allergische Kinderhaut verwenden wir Betaglucan, einen Hefewirkstoff, der die Immunität der Haut stärkt und ihre Selbstheilungskräfte anregt“, so Kästner.

SOPHIE DIESSELHOPRST