Kleine, helle Momente

Die norwegischen Rocker „Motorpsycho“ stellen heute ihr neues Album „Little Lucid Moments“ in der Fabrik vor

Es gerüchtete bereits von Auflösung – die Trauer wäre groß gewesen. Was haben uns „Motorpsycho“ nicht schon für Sternstunden der Rockmusik bereitet, auf den Alben, nicht zuletzt aber auf der Bühne. Manchen von uns wurde schwindlig angesichts des traumwandlerischen Zusammenspiels, der psychedelischen Abfahrten in epischer Breite, des steten Neuerfindens geliebter Songs. Wie ja überhaupt Weiterentwicklung immer hoch im Kurs stand.

Deswegen war die Spannung angesichts der Ankündigung eines neuen Albums mindestens so groß wie die Freude über jenes. Wer würde das Schlagzeug spielen? Welche Perlen der Musikgeschichte würden ausgegraben, bearbeitet und als unverkennbar „Motorpsycho“ neu zusammengesetzt? Würde es Country sein? Pop? Hardrock?

Die erste Frage war schnell beantwortet: Kenneth Kapstad ist der Neue am Schlagzeug. Der knapp 30-Jährige – vielleicht bekannt von Bands wie „Monolithic“, „Dadafon“ und „Gåte“ – gilt als exzellenter Improvisierer und ist nach mehreren Aushilfsschlagzeugern als festes Mitglied akzeptiert. Kommen wir zur Musik: Vier Stücke finden sich auf „Little Lucid Moments“, die gleichwohl ein ganzes Album sind. Vorwärts in die Vergangenheit? Die Songs lassen mit Titeln wie „The Alchemyst – a discourse on Transmutation, pennies dropping & the Luminiferous Aether“ erahnen, in welcher Umlaufbahn die Band der dürstenden Gemeinde Leitstern zu sein gedenkt. Gleich die Eröffnung gibt sich als 20-minütige Suite in vier Teilen – eine gewisse Art von Größenwahn, konterkariert durch eine sympathische Verbindlichkeit, ist schließlich nicht neu im Kontext. Die Vermutung, es handele sich hier um ganz klassischen Stoff – in etwa in Richtung der entsprechenden Stücke von „Timothy‘s Monster“ – geht auch nicht allzu sehr daneben.

Große Gitarrenkunst und ein Sound, der nichts wissen will von neuzeitlichen Studiomethoden und gerade deswegen so frisch klingt, das Gefühl für Dynamik: Bei aller Familiarität eigenwillig genug, um als neues Kapitel in der großen Geschichte der Band zu gelten. ASL

Sa, 31. 5., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36