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Archiv-Artikel

Wer darf online?

Heute beginnt eine der entscheidenden Wochen zur Neuordnung des Rundfunks in Deutschland. Die Kontrahenten geben sich weiter unversönlich. Ein kleines Who’s who im großen Medienschach

MEDIENSCHACH.08 – EINE KLEINE GEBRAUCHSANWEISUNG

Heute beginnt in Köln das Medienforum NRW, und in seiner groß angekündigten „medienpolitischen Grundsatzrede“ wird NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers Farbe bekennen müssen, wo die Union in Sachen Neuordnung des Rundfunks jetzt wirklich steht.

Denn schon am Donnerstag wollen die zuständigen Länderchefs bei der Ministerpräsidentenkonferenz den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Grundsatz beschließen. Er fasst die Spielregeln im digitalen Zeitalter neu und bedarf dann auch noch der Zustimmung der EU, die Deutschland diese Reformen verordnet hat.

Denn die EU-Kommission hat an das neue Gesetz bestimmte Bedingungen wie mehr Transparenz und eine genauere Aufgabendefinierung für die öffentlich-rechtlichen Sender geknüpft, damit sie weiterhin die von ihr kritisch beäugte Gebührenfinanzierung von ARD, ZDF und Co toleriert. Die Zeit drängt, denn der neue Rundfunkstaatsvertrag muss spätestens im Herbst von den Landtagen beschlossen werden, damit er, wie in der EU-Vereinbarung vorgesehen, bis April 2009 Gesetzeskraft erlangt.

Doch hätten Sie’s bemerkt? In der aktuellen Debatte über Onlineaktivitäten befehden sich Öffentlich-Rechtliche, Verleger und Medienpolitik. Die Privatsender kommen kaum vor, was vor allem RTL-Boss Gerhard Zeiler mächtig stinken soll. Schließlich hatten sie mit einer Beschwerde in Brüssel das ganze Verfahren vor über zwei Jahren ins Rollen gebracht. STEFFEN GRIMBERG

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (58, unten) Speerspitze der Zeitungskampagne gegen die „elektronische Presse von ARD und ZDF im Internet“. Fürchtet stellvertretend für die Branche um den Fortbestand der Zeitung auf Erden, falls tagesschau.de weiter mehr Wörter enthält, als in der Sendung vom Teleprompter abgelesen werden. Hoher Einfluss in allen Lagern.

Fritz Raff (60, rechts) Der ARD-Vorsitzende und Kleinintendant (Saarländ. Rundfunk) hat seinen Laden bislang sauber geführt. Jetzt droht ihm der Anstaltshaufen wegen interner Streits um die Gebührenverteilung zwischen reichen und armen Sendern auseinanderzufliegen, was die Verhandlungsposition verschlechtert. Gibt 2009 den ARD-Vorsitz nach Stuttgart (SWR) ab.

Günther Oettinger (54, rechts) Koordiniert seit letztem Jahr für die CDU-Länder die Medienpolitik und als Ministerpräsident Stuttgarter Standortinteressen. Verlässlicher Partner für Burda & Co. Trotzdem kein erklärter Feind von ARD und ZDF, aber eher einschränkungsfreudig. Im neuen Aufgabengebiet allerdings noch alles andere als sattelfest und oft schlecht beraten.

Markus Schächter (58, links) Der ZDF-Intendant ist Meister des kleinen Kammerspiels mit den Ministerpräsidenten. In der aktuellen Diskussion hält sich der Obermainzelmann auffallend zurück. Fürs ZDF hat er sein Schäfchen Mediathek ohne große Proteste an der Politik vorbei ins Trockene gebracht und gilt nun als für Kompromisse offen. Verhältnis zur ARD derzeit gut.

Christiane zu Salm, (41, links) Die Exchefin des unter Abzockverdacht stehenden Senders 9live soll für ihren neuen Herrn, den Verleger Hubert Burda, viele neue digitale TV-Kanäle aufbauen. ARD und ZDF im Netz stören da nur. Burda und der von ihm geführte Zeitschriftenverlegerverband (VDZ) fordern zudem ein Verbot von Textportalen von ARD und ZDF im Internet.

Martin Stadelmaier (49, oben) Der Chef der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz koordiniert die Medienpolitik der Länder – und vor allem die der SPD. Stand früher tief im Lager der Öffentlich-Rechtlichen. Heute aber nicht mehr tief genug, meint mancher in der ARD: Stadelmaier sei von der reinen Lehre abgewichen. Er bleibt dennoch der wichtigste Läufer pro ARD und ZDF.