: Zecken werden auch im Norden gefährlich
Durch Tiere auf den Menschen übertragene Krankheiten alarmieren die Politik. Zecken übertragen in Niedersachsen erstmals Hirnhautentzündung. Das Amt prüft jetzt, ob es mehr Zecken mit dem Erreger im Norden gibt
Ob EHEC, Norovirus oder Dengue-Fieber: Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze, die von Tieren auf Menschen übertragen werden, sind auch in Norddeutschland auf dem Vormarsch. Vor einer „globalen Bedrohung“ warnte am Donnerstag Mechthild Ross-Luttmann, CDU-Gesundheitsministerin in Niedersachsen. „Es gibt eine neue Gefährdungssituation“, sagte der Präsident des Landesgesundheitsamts, Matthias Pulz.
Schuld am Einfall der „Zoonosen“ genannten tierischen Krankheitserreger ist die Globalisierung: Touristen und Waren aus Übersee bringen Erreger nach Europa, auch milde Winter und geänderte Nahrungsgewohnheiten helfen den Exoten, sich hier einzunisten. Pulz erwartet „neue Bedrohungsszenarien wie das West-Nil-Virus und das durch die Tigermücke übertragene Chikugunya-Fieber“.
Besorgniserregend ist auch die Zunahme des Hanta-Virus, eines aus Asien stammenden Infekts, der Lunge und Nieren angreift und von der Rötelmaus übertragen wird: Wurden vor sieben Jahren noch 14 Fälle in Niedersachsen bekannt, waren es 2007 schon 94.
Am häufig durch Enten übertragenen Darmvirus Campylobacter erkrankten 2007 rund 5.400 Niedersachsen, 700 mehr als 2001. Gleichzeitig legten Salmonellen-Erreger ein Krankenhaus in Wolfsburg lahm, insgesamt wurden zwischen Ems und Elbe 5.600 Fälle gezählt. 40 Kinder erkrankten nach dem Verzehr von Rohmilch so stark an Kolibakterien, dass sie an eine Dialysemaschine angeschlossen werden mussten.
Auch der Einfall von Zecken alarmiert die Mediziner: 2007 wurde im Landkreis Cuxhaven der erste Fall von Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) in Niedersachsen festgestellt, einer von Zecken übertragenen Krankheit, die zu Hirnhautentzündung führen und sogar tödlich enden kann. Bislang ist FSME nur in Süddeutschland aufgetreten, das Gesundheitsamt prüft nun, ob es mehr Zecken mit FSME-Erregern im Norden gibt. „Wir müssen damit rechnen, dass es in den nächsten Jahren eine Weiterführung Richtung Norden gibt“, sagte Pulz.
Eine Impfung ist bislang nur bei Reisen in FSME-Regionen nötig. Gleichwohl verbreitet sich die von Zecken übertragene Borreliose. Jährlich erkranken bis zu 80.000 Menschen an der schleichenden Infektion, die den gesamten Körper peinigen kann. KAI SCHÖNEBERG