: Tarnkappenmailer
Nachrichten über das Internet garantiert anonym verschicken, trotz drohender Vorratsdatenspeicherung? Die Privacy Box macht’s möglich
VON SIMON GARREIS
„E-Mails sind so sicher wie eine Postkarte“, warnte kürzlich Georg Mascolo, Chefredakteur des Nachrichtenmagazins Der Spiegel auf einer Journalistenkonferenz. Gerade in der Ära des Digitalen kann die allzu unbekümmerte Kommunikation gefährlich werden, denn alles, was über den Draht geht, ist prinzipiell überwachbar. Angeschürt durch die jüngsten Spitzeleien der Telekom wächst derzeit bei vielen Informanten die Angst, sie könnten überwacht werden und auffliegen. Hier setzt das kostenlose Kommunikationstool „Privacy Box“ an – es verspricht die anonyme Übermittlung von Nachrichten über das Internet.
Diese Box ist nicht etwa ein Gerät, das zwischen PC und DSL-Modem gesteckt wird. Stattdesssen handelt sich um ein unter https://privacybox.de/ zu erreichendes Webformular, über das anonym und verschlüsselt Nachrichten nebst Anhang verschickt werden können, ohne das irgendwo ein Log-File protokolliert, wer da mit wem kommuniziert hat. Albrecht Ude vom Netzwerk Recherche hält das System für „sehr empfehlenswert“. „Gerade Journalisten sollte die Möglichkeit eröffnet werden, dass Informanten sie auf unbeobachtbarem Weg erreichen können“, sagte er der taz.
Um etwa einen Journalisten anzuschreiben, muss der Informant nur das Pseudonym kennen, mit dem sich dieser bei der Privacy Box angemeldet hat und es in das Mailformular eingeben. Der Empfänger kann diese Nachricht dann vom Server abrufen oder auf sein normales Mailkonto umleiten lassen. So ist es auch Internet-Dummies möglich, ihre Wege und Worte im Internet zu verschleiern. Einziger Nachteil: Die Privacy Box ist eine Einbahnstraße, denn der Empfänger kann nicht direkt darauf antworten. Rückschlüsse auf den Informanten bestehen nur, wenn dieser etwa seine Kontaktdaten im verschlüsselten Inhalt hinterlegt.
„Mit der Privacy Box haben Journalisten und Informanten keine Ausrede mehr, denn jeder kann jetzt anonyme Nachrichten verschicken“, sagt Burckhard Schröder, Vorsitzender der German Privacy Foundation, dem Anbieter dieses Services. Den Befürchtungen, der Telekom-Skandal würde viele Informanten lähmen, will Schröder mit der Privacy Box entgegentreten.
Dass die Box gerade jetzt im Zuge des Telekom-Skandals erschienen ist, sei aber eher Zufall gewesen. „Wir speichern derzeit keine Informationen über Absender und Nutzer eines Postfaches“, ist momentan noch auf der Internetseite des Anbieters zu lesen. Dies wird sich aber zwangsläufig ändern, denn ab 2009 sind alle Webdienste zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet.
„Wir werden eine Lösung anbieten, die wir im Herbst vorstellen wollen“, sagt Schröder. Diese soll vorsehen, die IP-Adresse der Nutzer zu kaschieren, damit die gespeicherten Verbindungsdaten ihren Aussagewert verlieren. Möglich ist dies bereits heute durch sogenannte TOR-Server. Auch Ude empfiehlt, wenn die Datenspeicherung kommt, die Privacy Box über diese Server anzusteuern. Dann ist „nach derzeitigem Stand der Technik für Lauscher auch mit staatlichen Zugriffsmöglichkeiten nichts zu machen“.
Vorige Woche hatte die German Privacy Foundation den neuen Service im Büro des Datenschutzbeauftragten der Bundesregierung, Alexander Dix, vorgestellt. Dieser sagte, die Nutzung solcher Instrumente sei legitim, denn die Vertraulichkeit der Telekommunikation sei in der Verfassung garantiert. Seit dem offiziellen Start haben sich bereits knapp 500 Personen registriert.