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Archiv-Artikel

Rückkehr des Walfangs in Sicht

Zum Jahrestreffen der Internationalen Walfangkommission zeichnet sich ein Tauschgeschäft ab: Japan will vor seiner Küste Wale jagen und stellt dafür seinen „wissenschaftlichen“ Walfang ein. Im Gegenzug sollen Schutzgebiete eingerichtet werden

HAFT FÜR WALFLEISCH

Zwei japanische Greenpeace-Mitarbeiter müssen weitere zehn Tage in Untersuchungshaft bleiben. Das entschied nach Angaben der Umweltschutzorganisation das zuständige Untersuchungsgericht im japanischen Aomori. Ihnen wird vorgeworfen, einen Karton mit Walfleisch gestohlen zu haben. Die Umweltschützer sehen das anders: Sie hätten der japanischen Staatsanwaltschaft einen Karton mit Walfleisch übergeben, das die japanische Walfangflotte unterschlagen hätte. Bis zu 93 Kisten Walfleisch seien als persönliches Gepäck deklariert und illegal von Bord gebracht worden. Der Inhalt eines Kartons sei rund 3.000 US-Dollar wert. Im Zuge der Ermittlungen hätten 40 Polizisten am vergangenen Freitag das Greenpeace-Büro in Tokio sowie mehrere Privatwohnungen von Mitarbeitern durchsucht und Computer, Telefone und Dokumente beschlagnahmt. SVE

VON REINHARD WOLFF

Im Konflikt um den japanischen Walfang zeichnet sich ein Kompromiss ab – wenn auch nicht unbedingt zugunsten der Wale. Auf der am Montag in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile gestarteten Jahrestagung der Internationalen Walfangkommission IWC verhandeln 81 Nationen eine Woche lang über die Zukunft der Meeressäuger.

Um das seit zwölf Jahren geltende Walfangverbot aufzuheben, soll Japan nun ein Tauschgeschäft vorgeschlagen haben, meldet die japanische Nachrichtenagentur Kiodo. Demnach will Japan auf seine umstrittene „wissenschaftliche“ Waljagd im Südpolarmeer verzichten, wenn im Gegenzug die IWC einen begrenzten küstennahen Walfang für einige japanische Küstengemeinden erlaubt.

Dem IWC-Präsidenten William Hogarth war es bereits im Dezember – zusammen mit weltweiten Protesten – gelungen, Japan in letzter Minute von der angekündigten Jagd auf die seit 45 Jahren geschützten Buckelwale abzubringen. Er hat das mit der Aussicht verbunden, die IWC für einen konstruktiveren Dialog zur Frage möglicher Walfangquoten zu öffnen.

Wie weit er dieses Versprechen einlösen kann, ist allerdings fraglich. Viele Staaten aus der Fraktion der Walfanggegner vertreten die kompromisslose Linie der meisten Walschutzorganisationen: grundsätzlich keine Quoten für kommerzielle Waljagd. Sie spielen mit dieser Blockadehaltung allerdings gleichzeitig Ländern wie Island und Norwegen in die Hände. Die scheren sich seit Jahren nicht um das IWC-Walfangmoratorium und haben kein Interesse daran, dass die IWC wieder Quoten verteilt: Sie wollen das weiterhin ohne Einmischung durch ein internationales Gremium in eigener Regie regeln. Dass beide Länder sich provokativ zu einer Wiederaufnahme des Walfleischexports kurz vor Beginn der jetzigen Jahrestagung entschlossen, um das Klima für Kompromisse von vornherein zu stören, war kein Zufall.

Bewegung in der Frage begrenzter Walfangquoten könnte nicht nur den Konflikt mit Japan lösen, sondern möglicherweise auch eine Mehrheit zur Ausweisung eines weiteren Walschutzgebiets im Südatlantik bringen. Damit würde insgesamt die Tür für den Umbau der IWC zu einer Walschutzorganisation geöffnet. Denn der Bestand der Wale wird weit weniger durch die jährlich von den Walfängern harpunierten 2.500 Wale gefährdet als durch Umweltgifte, Fischernetze und den Klimawandel.

Nach einer neuen australischen Studie sind die in den polaren Gewässern lebenden Wale besonders bedroht. Vor allem betrifft das die Buckelwale. Ihre Nahrungsgrundlage ist durch die Erwärmung der Meere akut bedroht. Doch Dänemark will sich auf der Konferenz ausgerechnet für die Jagdfreigabe auf die Buckelwale einsetzen – im Rahmen des erlaubten Walfangs für die grönländischen Inuit. Dänemark stellt sich damit auch gegen die gemeinsame Linie der EU. Zentrales Problem ist hier nicht nur die inhaltliche Diskussion zwischen den Walfang-Staaten Japan, Norwegen und Island und der Anti-Walfang-Fraktion. Auch blockieren sich beide Seiten meist grundsätzlich gegenseitig, weil jeder Seite die Dreiviertelmehrheit fehlt, die für wichtige Beschlüsse erforderlich ist. Die IWC-Jahrestagung endet am Freitag.