: Rechter Mordversuch
Wegen eines Anschlags auf ein Asylbewerberheim bekommen die Täter Haftstrafen von bis zu fünf Jahren
HALLE taz ■ Das Jugendschwurgericht in Halle hat am Montag hohe Haftstrafen im Prozess gegen vier Angeklagte verhängt, die im Januar 2007 eine Asylbewerberunterkunft in Sangerhausen angegriffen hatten. Wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung wurden Danny R,. Glenn K. und Christian K. zu Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren und neun Monaten und fünf Jahren und vier Monaten verurteilt. Franziska Z. wurde der Beihilfe für schuldig befunden und erhielt eine Jugendstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Das Gericht ordnete alle vier eindeutig der rechten Szene zu.
Die Asylbewerberunterkunft in Sangerhausen war am frühen Morgen des 6. Januar 2007 angegriffen worden. Eine von mindestens zwei geworfenen Brandflaschen entzündete die Küche einer Wohnung. Ein Asylbewerber aus Burkina Faso wurde rechtzeitig wach, weckte seine Mitbewohner und rettete sich mit einem Sprung aus dem Fenster.
Diesem Übergriff war bereits eine Serie kleinerer Anschläge auf das Heim vorausgegangen. Zwischen dem Haupttäter und dem Flüchtling aus Burkina Faso gab es offenbar eine persönliche Fehde.
Vor der Tat waren die Angeklagten mit dem Auto zu einer Feier im benachbarten Dorf Sottershausen gefahren. Dort betreiben der rechte Musikhändler Enrico Marx und die NPD-Funktionärin Judith Rothe den Nazi-Szenetreffpunkt „Zum Thingplatz“. Die Tat bereiteten die Angeklagten systematisch vor. Sie betankten die Brandflaschen mit Benzin und wurden dabei von einer Polizeistreife beobachtet.
Den starken Alkoholeinfluss sah das Gericht nicht als Grund für eine Strafmilderung an. Die Fahrerin des Wagens und Mitangeklagte Franziska Z. hat sich nach halbjähriger Untersuchungshaft inzwischen von der rechten Szene distanziert und äußerte in ihrem Schlusswort unter Tränen Mitgefühl für die Ängste der afrikanischen Asylbewerber.
Die Urteilsverkündung am Montag drohte zunächst zu platzen, als der Vorsitzende Richter Überlegungen der Kammer äußerte, für den Fall nicht zweifelsfrei nachweisbarer Tatbeteiligung die Angeklagten nur wegen unterlassener Hilfeleistung zu verurteilen.
Die Nebenklage in Vertretung der betroffenen afrikanischen Flüchtlinge verwies jedoch auf die in den 30 Verhandlungstagen ausreichend festgestellten Beweise. Die Staatsanwaltschaft forderte die Kammer auf, klar zu entscheiden und freizusprechen, wenn Zweifel bestehen, oder die Täter zu verurteilen.
MICHAEL BARTSCH