: Verbündet Euch! Zeigt Euch!
Schleswig-Holsteins SPD traf sich auf einer Parteikonferenz, um über das schlechte Ergebnis bei der Kommunalwahl nachzudenken. Ein Weg aus der Misere fand sich dabei nicht – aber Tipps, die gab es
von ESTHER GEIßLINGER
Von Ammersbek und Bredenbek lernen heißt siegen lernen – für die SPD, in Schleswig-Holstein, nach der Kommunalwahl. Sigrid Kuhlwein und Bartelt Brouer heißen die Menschen aus den erfolgreichen Wahlkreisen, daher durften sie bei einer Parteikonferenz der Nord-SPD auf der Bühne des Casinos der Kieler Stadtwerke stehen und berichten. Denn insgesamt hat die Partei schlecht abgeschnitten bei der Kommunalwahl Ende Mai: Landesweit erhielt sie 26,6 Prozent der Stimmen, so wenig wie nie zuvor.
Die Konferenz, einen Monat danach, sollte der trauernden Parteiseele ein Taschentuch reichen. Wobei: „Deprimiert sind wir nicht“, sagte Serpil Midyatli, Beisitzerin im Landesvorstand. „Wir haben gemeinsam gekämpft und gemeinsam verloren“ – ärgerlich, aber kein Grund, „in Sack und Asche zu gehen“, wie der Landesvorsitzende Ralf Stegner sagte. Gleichwohl sei das Ergebnis „enttäuschend. Da beißt die Maus keinen Faden ab.“
Aber dass die Partei offen darüber diskutiere, sei ein Zeichen von Selbstbewusstsein. Und landesweit seien die Ergebnisse sehr verschieden, in einigen Orten stelle die SPD nun wieder Bürgermeister oder besetze mehr Sitze in den Gemeinderäten. Stegner erinnerte daran, dass die CDU ebenfalls Verluste habe hinnehmen müssen, „auch wenn ich lieber deren Zahlen hätte“.
Doch so weitermachen wie bisher dürfe die SPD nicht, sagte der Wahlkampfberater Achim Möller: „Ich habe den Eindruck, dass wir Politik machen für Organisationen, Institutionen und Unternehmen und dabei den Menschen aus dem Blick verlieren.“ Die Partei müsse sich ändern, forderte er. Doch wohin soll es gehen? Stegner las Briefe von Mitgliedern vor. Eines beklagte, die Partei sei zu weit nach links gerutscht, ein zweites forderte mehr linke Themen, das dritte sah „kein Profil, nur internen Streit“.
In Foren machte die Basis sich Luft, und mehrere Sprecher wurden deutlich: „Das S in der SPD ist ins Wanken geraten“, sagte einer, und ein Zweiter stellte fest: „Hartz IV macht Angst. Gestandene Männer sind bei uns am Wahlkampfstand in Tränen ausgebrochen.“ Solange es die „Agenda 2010“ gebe, habe die Partei ein Glaubwürdigkeitsproblem: „Hartz IV muss weg.“ Hier meldete sich die Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave zu Wort: Parolen „auf dem Niveau der Linken“ seien keine Antwort auf die Fragen der Globalisierung und des demografischen Wandels. „Diese Fragen lösen sich nicht von selbst. Jeder Einzelne muss in die Verantwortung genommen werden.“
Einen klaren Grund für die Stimmverluste fanden die Genossen nicht. Die Nord-SPD liege mit ihren Schwerpunkten richtig, sagte Stegner. Sie sei links, selbstkritisch, selbstbewusst und habe faktisch keine Flügel. Er betonte aber: „Wir müssen uns um die Menschen stärker kümmern.“ Landesvize Andreas Breitner, Bürgermeister von Rendsburg, plädierte für eine „Eingreiftruppe“, die sich um „weiße Flecken“ kümmert, in denen die SPD nicht erkennbar sei.
Im Herbst wird die SPD einen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2010 wählen. Ralf Stegner hat seine Kandidatur angekündigt, weitere BewerberInnen sind nicht in Sicht. Intern gebe es keine Kritik am Landeschef, so ein Mitglied des Vorstandes.
Doch wie soll es klappen mit dem Stimmenfang zur Landtagswahl? Vielleicht doch von Bredenbek und Ammersbek lernen. In Ammersbek verbündete sich der SPD-Ortsverein mit einer lokalen Initiative gegen ein geplantes Baugebiet und fuhr damit Stimmen ein. In Bredenbek, wo die SPD 62 Prozent erreichte, setzen die GenossInnen auf „dauernde Präsenz, nicht nur im Wahlkampf“. Nelken verteilen am Frauentag, Flohmarkt für die ältere Generation und Besuche im Kleingartenverein: „Lasst euch zu Kassenprüfern wählen“, riet der Bredenbeker Ortsvereins-Chef Brouer: „Da hat man einen Auftritt und ist schon mal bekannt.“ Geholfen haben mag aber auch, dass sich die lokale CDU während des Wahlkampfes aus Frust über die große Koalition zwischenzeitlich auflöste.