: Christlich-Spaßige Union
Mit ihrem neuen Image-Spot macht sich die CSU Kleinkunstpreis-verdächtig: Sie hat die Ironie entdeckt
Herrgott, was sind das für Zeiten in Bayern: Ein Franke leitet den Freistaat, die CSU hat Kitas und nichteheliche Partnerschaften in ihr Programm aufgenommen – und jetzt entdecken die Christsozialen kurz vor der Landtagswahl im September dieses Jahr auch noch die bisher vornehmlich von der Opposition gepflegte hohe Kunst der Selbstreflexion und Ironie.
Ein Video (www.csu.de) haben sich der Huber-Erwin und die Haderthauer-Christine ausgedacht, das großartig augenzwinkernd den neuen Geist präsentiert, der Einzug gehalten hat in Bayern: Der Weitwinkel zeigt freudestrahlende Kinder und Familien, wahlweise auf einem Berg, in einem See oder im Schulhaus. „Wir sind stolz, wir sind stolz auf Bayern“, erklingt dazu. Und schließlich kommt als Einspieler ein Damenstimmchen zum Einsatz: „Es ist die Magie aus Tradition und Fantasie“ und „Füreinander dazu sein, das ist bei uns so Brauch“.
Das Ganze kann quasi zu Recht als die Zuspitzung des unvergessenen Blasmusikstücks „Bayern, des samma mia“ der Biermösl Blosn eingeordnet werden. „Bayern und des bayrische Bier, Bayern und des Reinheitsgebot, des ist unser flüssiges Brot“. Kräftig blasen die Spezln vom Gerhard Polt dazu in Tuba und Posaune, dass einem die gesamte weißblaue Wahrheit im Takt vor den Augen erscheint.
Die Spaßmacher aus der CSU haben das Ganze jetzt noch weitergetrieben. Nicht einmal mehr die bayerische Verkehrssprache kommt zum Einsatz in ihrem eigenen Spottlied. So hochdeutsch und froh wird geträllert, dass man beinahe hören kann, wie die beiden unbenannten und unbekannten Kabarettinterpreten irgendwo in Hannover mit Lust und Augenzwinkern dieses Stück verfasst haben, unter dem wohlwollenden Blick der Abgesandten der Landesleitung.
Fast zu deutlich wird, was die Wähler, bitte schön, im Kopf behalten sollen angesichts der triefenden Freude: die 75.000 Kinder zum Beispiel, die von Sozialhilfe leben. Die 150 „Tafel“-Initiativen oder die Hauptschüler von der Münchner Winthirstraße, die wie so viele verzweifelt um Ausbildungsplätze ringen.
Dem Vernehmen nach soll die CSU wegen ihres gelungenen Einstands mit dem begehrten Scharfrichterpreis der Kleinkunstszene bedacht werden.MAX HÄGLER