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Archiv-Artikel

Eine andere Welt

betr.: „Hungerhaken, ade!“ und „Erster schwuler Bischof?“, taz vom 12. 7. 08

Ist es ein Schmunzeln oder etwas Schlimmeres, was sich in meinem Gesicht breitmacht, während ich mir die Wochenendausgabe der taz reinziehe? Mir leuchtet die Wichtigkeit der Meldung über die sogenannten Hungerhaken nicht ein. Das Gute an der Nachricht über die Selbstverpflichtung der Modebranche ist nicht nachvollziehbar, auch wenn vernehmbar ist, dass die Bundesregierung auf diesem Parkett das Tanzbein schwingen möchte. Regelungsbedarf sehe ich zum Schutz der Luxus-Skelette, die sich dieses Leben aussuchen, nicht. Ganz anders sieht es da mit den Millionen unfreiwillig Verhungernden („Das Imperium der Schande“, Ziegler) oder – ganz nah – den zehntausenden hungernden, durstenden und rechtswidrig fixierten Alten in den deutschen Pflegeheimen („Im Netz der Pflegemafia“, Fussek/Schober) aus.

Der Ausdruck in meinem Gesicht spiegelt die Tatsache wider, dass ich in einer anderen Welt zu leben scheine. Sie wird u. a. geprägt von der Führung und Unterstützung völkerrechtswidriger Angriffskriege. Die Staaten, die solche Kriege fördern, lieben die (Ablenkungs-) Propaganda, wodurch die Begriffe Presse- und Informationsfreiheit zu leeren Hülsen degradiert werden. Schön ist da das Voranschreiten des „Gotteswahns“ (Dawkins) nicht unbedingt, auch wenn es jetzt in den Nordelbischen Kirchen etwas wärmer (Gorski) werden soll. Sind schwule Kirchenfunktionäre etwa besser als heterosexuelle? Ist das eine bessere Sache, wenn erstmals ein schwuler Bischof von dem lebt, was die Kirchen den Armen mit Unterstützung des Adels und des Staates über Jahrhunderte hinweg geraubt haben? … Eine andere Welt! TRONJE DÖHMER, Gießen