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Archiv-Artikel

Österreicher zahlen mehr für ihr Essen

Im Nachbarland sind Lebensmittel teurer als in Deutschland. Mancher vermutet, der Handel missbraucht seine Macht

BERLIN taz ■ Schuld sind die Inder und Chinesen, der Biospritboom und die Spekulanten – oder? In Österreich vermutet die Arbeiterkammer – das ist die gesetzlich vorgeschriebene Interessenvertretung der Arbeitnehmer – einen besonderen Übeltäter, der hinter den gestiegenen Lebensmittelpreisen steckt: den Einzelhandel. Denn im Vergleich zu Deutschland sei vieles wesentlich teurer.

Butter etwa kostet laut der jüngsten Kammer-Erhebung um 57 Prozent mehr als in Deutschland, Milch um bis zu 34 Prozent, Bier bis zu 58 Prozent. Höchste Zeit, einmal Einsicht in die Kalkulationen der Konzerne zu nehmen, meint man bei der Arbeiterkammer und nicht nur dort: Auch Konsumentenschutzminister Erwin Buchinger (SPÖ) will die „unverständlichen Preisunterschiede“ zwischen Österreich und Deutschland transparent gemacht wissen. Warum die Preise in österreichischen Läden höher sind als in deutschen und ob diese gerechtfertigt sind, untersucht jetzt die vom Wirtschaftsminister einberufene Preiskommission.

Für Ökonom Franz Sinabell vom Wiener Wirtschaftsforschungsinstitut stehen vier Gründe für die niedrigeren Preise in Deutschland fest: Neben dem um 3 Prozentpunkte niedrigeren Mehrwertsteuersatz auf Lebensmittel – in Deutschland sind es 7 Prozent – ist der Wettbewerb unter den Einzelhändlern hierzulande größer als jener in Österreich, deutsche Erzeuger wie etwa die Milchbauern bekommen schlicht weniger Geld für ihre Ware als in Österreich, und nicht zuletzt werden Lebensmittel in vergleichsweise größeren Einheiten produziert. „Möglicherweise geben Unternehmen auch diese Kostenersparnis an die deutschen Konsumenten weiter“, meint Sinabell. „Anders ist die Rechnung nicht zu machen.“ Hubertus Pellengahr, Sprecher des deutschen Einzelhandelsverbands, verweist auf den hohen Anteil von Discountern auf dem Markt: 42 Prozent der Lebensmittel in Deutschland werden dort gekauft. „Das gibt es nirgendwo anders“, sagt Pellengahr.

An Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) liegt es nun, in Österreich Betriebsprüfungen zu veranlassen oder nicht. Wie sich der Preis eines einzelnen Produkts zusammensetzt, lässt sich wohl nur schwer herauszufinden. Sollten untersuchte Preise aber tatsächlich als ungerechtfertigt oder hoch ausgemacht werden, können die Preise in Österreich für ein halbes Jahr lang amtlich festgesetzt werden. CHRISTINE ZEINER