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Archiv-Artikel

Deutsche Drahtzieher

BERLIN taz ■ Es war ein Mitarbeiter des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND, der den Austausch von Gefangenen zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah vermittelt hat.

Gerhard Conrad – seine Identität ist entgegen allen Bemühungen des BND mittlerweile bekannt – hat 18 Monate lang auf über 100 Reisen u. a. zwischen New York, Tel Aviv und Beirut mit den persönlichen Beauftragten des Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah und des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert sowie den Familien der beiden israelischen Soldaten verhandelt. Aus Sicherheitskreisen hieß es, dass die Gespräche trotz mancher Krisen nie abbrachen und dass BND und Bundesregierung sehr stolz auf die Leistung Conrads sind.

Bereits seit 15 Jahren vermittelt der BND zwischen Israel und der Hisbollah. Ein Austausch von Gefangenen oder Leichnamen wurde 1996 und zuletzt Anfang 2004 herbeigeführt. Conrad hatte sich beim letzten Tausch das Vertrauen beider Seiten erworben. Der damalige deutsche Geheimdienstkoordinator Ernst Uhrlau betonte die Rolle Deutschlands als „ehrlicher Makler“, Rot-Grün sprach viel von einer „starken Rolle“ Deutschlands in der Region.

Anders als 2004 wurden die jüngsten Vermittlungen jedoch nicht unter Ägide des BND, sondern nach Maßgabe der UN-Resolution 1701 durchgeführt und somit als eine Angelegenheit der Vereinten Nationen. So muss auch die Bundesregierung die Beschreibung des Hergangs etwas anpassen. Die Übereinkunft zwischen Israel und der Hisbollah sei also ein „großer Erfolg“ für die Vereinten Nationen, heißt es in einem Kanzleramtspapier, „allerdings auch ein großer Erfolg für die Bundesregierung“, den Vermittler und den BND.

In dem Papier wird hervorgehoben, dass die „Berichtspflicht“ der transparenzbetonten UNO im Widerspruch stand zu der „strikten Diskretion“, die für den Verhandlungserfolg notwendig war. Umso höher sei der Einsatz Conrads zu bewerten.

Der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte Conrad nach dem einmonatigen Krieg zwischen Israel und der Hisbollah im Sommer 2006 als „Facilitator“ – wörtlich: „Erleichterer“ oder „Ermöglicher“ – eingesetzt. Der aktuelle UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach der Bundesregierung am Mittwoch in Berlin seine „aufrichtige Dankbarkeit“ für ihren Einsatz aus.

„Es muss noch mehr getan werden“, sagte Ban auch. Im Kanzleramtspapier heißt es ebenfalls: Mit dem Gefangenenaustausch dieser Woche „ist die Mission für den BND noch nicht beendet. Die Bundesregierung hat der israelischen Regierung zugesagt, Israel bei der Aufklärung des Schicksals weiterer Vermisster zu unterstützen.“

ULRIKE WINKELMANN