: Jukebox
Im Pop spielt man gern mal Stadt, Land, Fluss
Der Name. Schwierige Sache. Manchmal sitzt er wie angegossen. Dass etwa die Beatles Beatles heißen, steht denen vorzüglich, man könnte sich das gar nicht mehr anders vorstellen, aber das war halt von vornherein gar nicht ausgemacht, weil vor der möglichen Karriere immer noch zuerst der Bandname kommt. Der ist ein Versprechen, ein Vorwurf oder einfach nur Hindernis für die gewünschte weitere Verwertbarkeit. Man sollte ihn sich also gut überlegen. Natürlich könnte man das Geschäft gleich an so eine Kreativagentur weiterreichen, die die Entwicklung neuer Markennamen im Angebot hat. Meist wird es aber in Eigenleistung erledigt. In den Siebzigern war bei westdeutschen Bands dabei die Zufallsmethode mit dem Finger rein ins Dictionary beliebt (was schon auch die Hilflosigkeit bezüglich musikalischer Identität bezeugt). Bevor man sich im Übungsraum aber derart über den Namen zerstreitet, dass er gar nicht mehr nötig ist, muss es nicht die schlechteste Idee sein, einfach auf der Landkarte nachzuschauen. Hübsche Namen finden sich da zuhauf.
Faustformel: Stadt + Berufsbezeichnung verweist auf heimattreue Zunftbetriebe (New Orleans Rhythm Kings, Hamburg Blues Band), sonstige erweiterte Topografien auf fernwehen Finnenrock: Hanoi Rocks, Leningrad Cowboys, Uzbekistanian Beasts.
Seltener findet man das schlichte Ortsschild im Geschäft. Gibt es aber auch, sogar Berlin. Ist eine Synthiepopband aus Los Angeles. Rammstein wurde zu dem Brechernamen erst mit dem Doppel-m. Ein Versehen. Weil die Rammstein-Musiker gar nicht gewusst haben wollen, dass sich der Ort mit dem katastrophalen Flugtagunglück 1988 schlicht Ramstein schreibt. Und immer wieder: Laibach. Die slowenischen Industrialisten machten mit dem deutschen Namen von Ljubljana im damals noch existenten Jugoslawien gleich mal eine Krawallansage. Ein Ortsname als Provokation.
Und Chicago? Gegründet in: Chicago. Radikalster Bruch in der Bandgeschichte: die Umstellung beim strikten Durchnummerierungssystem ihrer Platten von römischen Ziffern auf arabische. Nach Chicago XI (und „Hot Streets“ zwischendrin) ging’s weiter mit Chicago 13. Und doch muss auch sonst noch was passiert sein unterwegs, weil ihr großer Softpophit „If you leave me now“ so überhaupt nicht mehr nach dem Soulrock von „25 or 6 to 4“ klingt, dem ersten Hit 1970.
Veränderung aber heißt doch auch Leben. Am Mittwoch spielen Chicago auf der Zitadelle Spandau. THOMAS MAUCH