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Archiv-Artikel

Starjuristin, Kämpferin, Afrikanerin

Navanethem Pillay, UN-Richterin, Harvard-Absolventin und Spezialistin für Völkerrecht und internationales Strafrecht soll neue UN-Hochkommissarin für Menschenrechte werden FOTO: WIM VAN CAPPELLEN/ICC-CPI

Wenn die Nachrichtenagentur Reuters recht behält, dann soll Navanethem Pillay die Nachfolge Louise Arbours als Menschenrechtsbeauftragte der Vereinten Nationen antreten. Die 1941 als Tochter eines indischstämmigen Busfahrers in Durban geborene Südafrikanerin ist seit Jahrzehnten eine Kapazität auf dem Gebiet internationaler Strafverfolgung schwerster Menschenrechtsverletzungen, zuletzt seit Februar 2003 als Richterin beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.

Ihre juristische Karriere begann Pillay 1967 als Juniorpartnerin einer kleinen Kanzlei in der Provinz Natal in Südafrika, wo sie sich als engagierte Anwältin zahlreicher Apartheidgegner bald einen Namen machte. Schon da war sie die erste Frau in dieser Funktion – eine Ehre, die ihr in ihrer Laufbahn noch etliche Male zuteil werden sollte. Ihr eigenes Leben als schwarze Südafrikanerin unter der Apartheid, aber auch die Ungerechtigkeiten, die ihre beiden Töchter erfuhren, wenn sie etwa Spielplätze für Weiße nicht betreten durften, haben Pillay geprägt und selbst zu einer der wichtigsten Gegnerinnen der Apartheid gemacht. Als Anwältin vertrat sie nicht zuletzt den späteren Präsidenten Nelson Mandela, den sie mehrfach in seiner Gefängniszelle auf Robben Island besuchte.

1995 wurde Pillay in den Obersten Gerichtshof Südafrikas berufen – als erste schwarze Frau. Kurz darauf wählte die Generalversammlung der Vereinten Nationen Pillay als Richterin in das Internationale Ruanda-Tribunal in Arusha. Ihre Erfahrungen als Frau in diesen Positionen hat sie einmal so erzählt: „Als ich zum ersten Mal als Richterin in Südafrika zum Gericht kam, fand ich heraus, dass es dort zwei Toiletten gab: ‚Frauen‘ und ‚Männer‘, würde man denken. In Wirklichkeit stand auf der einen ‚Richter‘ und auf der anderen ‚Sekretärinnen‘.“

Dass in ihrer Amtszeit beim Ruanda-Tribunal der ehemalige Bürgermeister der ruandischen Gemeinde Taba wegen systematischen Einsatzes von Vergewaltigung des Völkermordes schuldig gesprochen wurde, begründete Pillays Ruf als Vorkämpferin gegen sexuelle Gewalt und geschlechterspezifische Menschenrechtsverletzungen. Mehrfach wurde sie dafür ausgezeichnet und gehört den Beiräten mehrerer internationaler Anwältinnen-Organisationen an.

Trotz Pillays unbestrittenem Ruf hegen Menschenrechtsaktivisten Zweifel, ob sie in der neuen Position die nötige Härte und Konsequenz für das neue Amt aufbringt. Die Kanadierin Louise Arbour hatte beim Anprangern von Menschenrechtsverletzungen in den vergangenen Jahren oft die Grenzen höflicher Diplomatie überschritten. BERND PICKERT