: Wolfgang Schäubles Super-PIN-Karte
Die Regierung hat beschlossen, dass ein neuer elektronischer Ausweis unser Leben einfacher machen soll
Ursprünglich hatten die Befürworter elektronischer Ausweise stets behauptet, dass Personaldokumente mit biometrischen Daten fälschungssicherer seien als die bisherigen. Bis heute kann das Innenministerium jedoch keine Zahlen dazu nennen, wie oft die derzeitigen Ausweise und Pässe gefälscht worden sind. Deshalb verwendet auch Minister Schäuble das Argument nicht mehr: „Es geht hier nicht in erster Linie darum, den Ausweis noch stärker fälschungssicher zu machen“, sagte Schäuble am Dienstag. Vielmehr gehe es um mehr Bequemlichkeit bei der Identitätsüberprüfung an Grenzen oder auf Flughäfen. DAS
BERLIN taz ■ Bücher im Internet bestellen, Steuererklärung ohne Unterschrift absenden und Bankgeschäfte ohne lästige TAN-Nummern online erledigen – das soll der elektronische Personalausweis können. Am Mittwoch beschloss die Bundesregierung, dass der neue Ausweis ab November 2010 von den Meldestellen ausgegeben wird.
Damit ist auch endgültig entschieden, welche elektronischen Daten auf dem Ausweis gespeichert sein werden: Für alle Deutschen verpflichtend ist das digitale Lichtbild, welches zusätzlich zum normalen Passfoto auf einem Chip gespeichert sein wird. Das soll Polizisten und Grenzkontrolleuren ermöglichen, die Identität von Personen auch per Gesichtserkennungsprogramm zu überprüfen.
Freiwillig ist dagegen die Speicherung zweier Fingerabdrücke. Ursprünglich wollte das Bundesinnenministerium die Abdrücke verpflichtend für alle einführen, aber das scheiterte am Widerstand der SPD. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will dafür werben, dass so viele Menschen wie möglich ihre Abdrücke speichern lassen. „Das ist einfach eine Frage des Komforts“, sagte Schäuble am Dienstag vor Journalisten. Die Abfertigung an Flughäfen könne beispielsweise sehr viel schneller funktionieren, wenn die Beamten nicht mehr das Foto vergleichen, sondern den Pass einfach nur wie eine EC-Karte durch ein Lesegerät ziehen müssten. Das soll mit einem Fingerabdruck-Ausweis möglich sein. Dazu muss der Benutzer seine Fingerabdrücke zusätzlich an einen Scanner halten. Diese werden dann mit denen auf dem Ausweis verglichen.
Während das Lichtbild nach Angaben des Innenministeriums wie bisher bei der jeweiligen Meldebehörde gespeichert wird, sollen die Fingerabdrücke künftig nur auf dem Ausweis vorhanden sein. Wenn jemand einen E-Ausweis beanftragt, nimmt die zuständige Behörde zwar seine Fingerabdrücke ab. Diese sollen aber nach Übergabe des Ausweises gelöscht werden. „Es wird kein zentrales Register für biometrische Daten geben“, versprach Schäuble am Dienstag. Ein Grenzposten oder ein Polizist könne die Daten immer nur mit den Abdrücken der vor ihm stehenden Person vergleichen. Datenschützer und die grüne Opposition im Bundestag halten aber auch die freiwillige Speicherung von Fingerabdrücken für gefährlich. Erstens könne sie eine Vorstufe zur verpfichtenden Speicherung sein. Zweitens werde jeder, der die Speicherung nicht zulasse, automatisch verdächtig gemacht.
Und der neue Ausweis soll nicht einfach nur ein Ausweis sein – sondern eine Art Super-PIN-Karte. Schäubles Beamte möchten, dass Menschen künftig per Ausweis im Internet einkaufen und Überweisungen erledigen können. Dazu braucht man künftig nach Ministeriumsangaben sowohl seinen Ausweis als auch eine dazugehörige PIN-Nummer.
In dieses Geschäft sollen nur Unternehmen einsteigen dürfen, die ein besonderes Zertifikat erworben haben. Wer diese Zertifikate vergeben soll, ist noch unklar. Das Innenministerium würde diese Rolle gern dem Bundesverwaltungsamt übertragen. Auch Behördengänge wie beispielsweise die Zulassung eines Autos sollen sich künftig auf diese Weise erledigen lassen.
Dabei soll das jeweilige Unternehmen oder die Behörde auch anzeigen müssen, welche Ausweisdaten sie vom Benutzer verlangt. Dieser soll dann immer noch selbst entscheiden können, ob er diese Daten preisgeben und das Geschäft tätigen will. Bei Aktionen im Internet spielten das biometrische Lichtbild oder die Fingerabdrücke keine Rolle und würden nicht preisgegeben, verspricht das Innenministerium. Im Online-Verkehr würde der Ausweis aber Daten wie Name, Adresse, Geburtsdatum und Gültigkeitsdauer preisgeben – je nach Anforderung des jeweiligen Unternehmens.
Datenschützer und Informatiker kritisieren, dass der E-Ausweis derart viele Funktionen enthält. So sagt beispielsweise Andreas Pfitzmann von der Technischen Universität Dresden, dass ein solcher Multifunktionsausweis Begehrlichkeiten bei Dieben wecken könnte. Der Ausweis würde so zu einem Sicherheitsrisiko für seinen Benutzer.
DANIEL SCHULZ