: Straßenkarten und Luftbilder für alle
Regierung will Geodaten in einem Onlineportal bündeln. Datenschützer besorgt
BERLIN taz ■ Immer mehr Menschen nutzen Geodaten: Ob Navigationssystem im Auto, Straßenkarten im Internet oder der elektronische Routenplaner – Orientierungshilfen wie diese basieren alle auf Geodaten. Künftig sollen die digitalen Informationen durch ein bundesweites Onlineportal einfacher zugänglich und nutzbar gemacht werden. Ein entsprechendes Geodatenzugangsgesetz beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch.
Mit dem Gesetz will die Regierung die sogenannte Inspire-Richtlinie der EU aus dem Jahr 2007 umsetzen. Deren Ziel ist der Aufbau einer europäischen Geodateninfrastruktur. Geodaten umfassen sowohl Basisdaten wie Straßen- und Satellitenbilder oder Verwaltungsgrenzen als auch Fachangaben wie etwa über Liegenschaften, Schutzgebiete oder Rohstoffvorkommen. Anwendung finden sie daher verstärkt in der Umweltüberwachung, aber auch im Straßenverkehr und in etlichen Wirtschaftsbranchen.
Erhoben und zur Verfügung gestellt werden die Daten bislang von den Kommunen und Vermessungsämtern. Künftig werden diese Angaben auf www.geoportal.bund.de gesammelt und für Downloads bereitgestellt. Dritte können zusätzliche Daten freiwillig einspeisen. Profitieren sollen Verwaltung, Bürger und Wirtschaft.
Das alles klingt nach gutem Service – doch es gibt auch Kritik. Grundsätzlich könne ein zentrales Portal zwar große Erleichterungen bringen, sagt Moritz Karg vom Datenschutzzentrum Schleswig-Holstein. Etwa bei Bauvorhaben oder der Beobachtung von Grundwasserverseuchung und Schutzgebieten. Grundlage dafür sind meist Satellitenbilder oder andere staatlicherseits erhobene Geoinformationen – und die würden im Regelfall ohne Kenntnis der Betroffenen erhoben und gespeichert, merkt Karg kritisch an. Zudem biete die Menge der Angaben die Möglichkeit, Profile zu erstellen. „Die Einzelinfo mag nicht gefährlich sein. Gefährlich wird es, wenn sie verschnitten werden.“ Nicht unwahrscheinlich, so Karg: „Es besteht ein massives Interesse von Seiten der Wirtschaft.“ Banken, Versicherungen oder Telefonanbieter könnten, so fürchtet er, mit Hilfe zusätzlicher Raummerkmale die Wertigkeit potenzieller Kunden noch präziser bestimmen, als es das sogenannte Scoring-Verfahren jetzt schon ermöglicht. „Deshalb muss eindeutig geregelt werden, wer auf was im Portal zugreifen darf“, fordert der Datenschützer. „Das ist bislang nicht der Fall.“ VEIT MEDICK