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Archiv-Artikel

Heinrich von Kleist in den Fängen der Nazis

Zwei neue Ausstellungen stellen die Vereinnahmung des Dichters Heinrich von Kleists durch das NS-Regime dar. Damals wurden einige seiner Werke für nationalsozialistische Lehrpläne in Schulen sogar umgedeutet

Der Missbrauch des Dichters Heinrich von Kleist (1777–1811) in der NS-Propaganda und die Bedeutung des Klassikers für Widerstand und Exil sind Thema von zwei neuen Ausstellungen in Brandenburg. Mehr als 350 Exponate, darunter Filmausschnitte, Briefe, Plakate und Zeitschriften werden ab 17. August unter dem Titel „ ‚Was für ein Kerl!‘ Heinrich von Kleist im ‚Dritten Reich‘ “ im Schloss Neuhardenberg und im Kleist-Museum in Frankfurt (Oder) gezeigt, teilte die Stiftung Schloss Neuhardenberg mit.

Schwerpunkte der Dokumentation in Neuhardenberg mit mehr als 300 Ausstellungsstücken sind das Ausmaß und die Gründe der Vereinnahmung Kleists im Nationalsozialismus. Informiert wird dabei laut den Angaben unter anderem über Leni Riefenstahls „gigantomanische“, aber kriegsbedingt nie umgesetzte Verfilmung der „Penthesilea“ sowie über Saladin Schmitts „Kleist-Festwoche“ in Bochum 1936, über die Umdeutung Kleist’scher Dichtung in nationalsozialistischen Lehrplänen für Schulen und über die Neugestaltung der Grabstätte des Dichters am Ort seines Freitods am Kleinen Wannsee in Berlin.

Der deutsche Dramatiker ist vor allem bekannt für das „historische Ritterschauspiel“ „Das Käthchen von Heilbronn“, seine Lustspiele „Der zerbrochene Krug“ und „Amphitryon“, das Trauerspiel „Penthesilea“ sowie seine Erzählungen „Michael Kohlhaas“ und „Die Marquise von O.“.

Das Kleist-Museum in Frankfurt an der Oder dokumentiert die Verstrickung der angesehenen Kleist-Gesellschaft in die Kulturpolitik des Nationalsozialismus. Dabei könnten sich Besucher zugleich in der ständigen Ausstellung zu Leben, Werk und Wirkung des Schriftstellers über den „unverfälschten Kleist“ informieren, heißt es in der Mitteilung. Frankfurt an der Oder ist die Geburtsstadt Heinrich von Kleists. Der Titel der beiden Ausstellungen geht auf eine Notiz von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels zurück.

„ ‚Was für ein Kerl!‘ – Heinrich von Kleist im ‚Dritten Reich‘ “ ist an beiden Orten bis 23. November zu sehen. Die Schau entstand in Kooperation von der Stiftung Schloss Neuhardenberg und dem Kleist-Museum mit Unterstützung der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Die Ausstellungen werden ab 17. August gezeigt. Die Dokumentation im Schloss Neuhardenberg wird am 16. August eröffnet und ist dienstags bis sonntags und an Feiertagen von 11 bis 19 Uhr zu sehen. Die Ausstellung im Kleist-Museum in Frankfurt (Oder) wird am 17. August um 11 Uhr eröffnet und ist dienstags bis sonntags und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr zu sehen. EPD, TAZ

Weitere Informationen: www.kleist-museum.de