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Archiv-Artikel

„Ich gehöre dazu“

Der katholische Olympiapfarrer Hans-Gerd Schütt musste versichern, dass er in Peking nicht dopen wird

HANS-GERD SCHUETT, 50, ist katholischer Olympiapfarrer und wird das deutsche Team in Peking seelsorgerisch begleiten. Er war bereit 2004 bei den Sommerspielen in Athen dabei. Seit dem Jahre 2003 ist Schütt Sportbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz.

taz: Herr Schütt, Olympiapfarrer klingt nach einem schönen Beruf. Sind Sie ein von der Kirche bezahlter Sporttourist?

Hans-Gerd Schütt: Das denken gewiss viele, die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus. Mich erwarten in Peking lange Arbeitstage und kurze Nächte. Früh morgens werde ich schon bei den Mannschaftsleiterbesprechungen sein. Ich besuche das Training und schaue Wettkämpfe an. Hinzu kommen aber Krankenbesuche, Gottesdienste und zahlreiche Seelsorgegespräche.

Wer kommt da auf wen zu?

Ich kenne ja schon einige Sportler, weil ich bereits 2004 bei den Olympischen Spielen in Athen dabei war. Im Regelfall aber suchen wir, mein evangelischer Kollege und ich, das Gespräch. Allerdings nicht nur mit den Sportlern, sondern auch den Betreuern, Ärzten oder den Journalisten.

Fühlen Sie sich dem deutschen Team zugehörig?

Aber ja. Ich gehöre zum Olympiateam. Ich bin vom Deutschen Olympischen Sportbund mit dem offiziellen Mannschaftsanzug eingekleidet worden und habe von diesem auch meine Akkreditierung erhalten. Zudem musste ich auch diese Ehrenerklärung unterschreiben.

Welche meinen Sie denn?

Dass ich weder Dopingmittel zu mir nehme noch mit ihnen Geschäfte betreibe.

Das mussten Sie ernsthaft versichern?

Natürlich. Wir unterliegen wie alle Sportler den Regeln und der Charta der Olympischen Spiele.

Es wird vermutlich dennoch gedopt werden. Ein ethisches Problem, das auch in Ihren Aufgabenbereich fällt.

Richtig, wobei wir da vor Ort wenig tun können. Aus Gesprächen mit an Manipulationen Beteiligten weiß ich, dass es oft an Unrechtsbewusstsein fehlt. Entweder heißt es: „Das machen doch alle“ oder „Ich wusste von nichts“. Das Problem ist komplex: Sportler sind ja beides: Täter und Opfer. Hinzu kommt das Umfeld. Wir christlichen Kirchen wollen mithelfen, dass der Leistungssport human bleibt und sauberer wird.

Werden Sie bei der Dopingthematik öfters von Sportlern ins Vertrauen gezogen?

Die Athleten, die mit mir darüber sprechen, sehen dieses Problem als Herausforderung an. Sie wollen das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückgewinnen und leiden unter dem Generalverdacht.

Als Mitglied des Teams drücken Sie den deutschen Kandidaten die Daumen?

Klar, wenn etwa Fabian seine Leistung gegenüber Athen steigert, freut mich das natürlich. Das gilt für alle unsere Sportler.

Sie duzen sich mit Fabian Hambüchen?

Das ist nichts Besonderes. Mit Sportlern pflegt man im olympischen Dorf eine unkomplizierte Umgangsweise.

Im olympischen Dorf dürfen Sie ein- und ausgehen. Dienen Sie den Journalisten als Informationsquelle?

Ich werde nicht viel mehr sagen können, als dass die Stimmung hoffentlich gut ist. Das Wichtigste an meiner Arbeit ist die Diskretion. Ansonsten könnte ich zu den Sportlern kein Vertrauen aufbauen und gleich wieder abreisen.

INTERVIEW: JOHANNES KOPP