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Archiv-Artikel

Spaß in jeder Minute

Gegen Xie Xingfang, die Erste der Badminton-Weltrangliste, zeigt die für Deutschland startende Chinesin Huaiwen Xu im Viertelfinale das Spiel ihres Lebens. Für die Sensation reicht es jedoch nicht

AUS PEKING ANDREAS RÜTTENAUER

„Man muss China eine Chance geben“, hat Xu Huaiwen vor Beginn der Olympischen Spiele gefordert. Zu hart seien die Medien mit ihrem Heimatland umgegangen, fand sie. Xu ist eine der besten Badmintonspielerin der Welt. Ihre Sportart lernte sie in China. Dort gehörte die nun 33-Jährige lange zu den Besten. Bis sie ausgemustert wurde. Ihre Trainer fanden, sie sei mit ihren 1,60 Metern zu klein.

Sie bewarb sich in Europa, wollte bei einem Klub unterkommen und in der Ferne ihr Auskommen suchen. So kam sie vor sieben Jahren nach Deutschland. Jetzt ist sie als Deutsche in ihr Geburtsland zurückgekehrt.

Als Europameisterin ist sie nach Peking gefahren. Xu wusste, dass sie nur eine Medaille holen kann, wenn sie gegen eine Chinesin gewinnt. Im Viertelfinale traf sie am Mittwochabend auf Xie Xingfang. Die ist Nummer eins der Welt. Ihr wollte Xu Huaiwen keine Chance geben, sie wollte sie bezwingen. Sie wollte sich durchsetzen gegen die beinahe 20 Zentimeter größere Xie – und vor allem auch gegen die 7.000 Zuschauer in der olympischen Badminton-Halle. Doch Xu hat es nicht geschafft. Sie hat mit 19:21 und 20:22 verloren. Viel knapper geht es kaum.

„Ja“, sagt sie, als sie gefragt wird, ob es das Spiel ihres Lebens war, das sie gerade abgeliefert hat. In beiden Sätzen führte sie. Sie hätte es schaffen können. „Ja, ich hatte Spaß auf dem Feld, in jeder Minute des Spiels.“ Doch am Ende habe ihre chinesische Gegnerin wohl das größere Selbstvertrauen gehabt. „Es gibt Spielerinnen, bei denen weiß ich, dass ich es schaffen kann, auch wenn ich einen großen Rückstand aufholen muss. Bei Xie ist das anders.“ Sie hat sich beinahe nur auf dieses eine Spiel vorbereitet, seit sie die Auslosung gesehen hat. Xu hat gezeigt, wie die Weltmeisterin zu schlagen ist. Sie ist vor und zurück gerannt, war beweglich wie eine rhythmische Sportgymnastin und spielte teilweise so präzise, dass ihre Gegnerin nur mit dem Kopf schütteln konnte. „Ich wollte es auch allen zeigen, die mich damals nicht für gut genug gehalten haben.“ Sie hat es ihnen gezeigt, auch wenn sie nicht gewinnen konnte. „Vielleicht hat auch die Kondition am Ende ein wenig nachgelassen“, sagt sie.

Ihr sportlicher Auftritt in China ist nun vorbei. Sie wird ihn in guter Erinnerung behalten. Ihre früheren Kolleginnen im chinesischen Team hätten sie „super“ aufgenommen. „Ich glaube auch, dass ich viele Fans hier habe.“ Sie wird weiter gefragt bleiben in Peking. Für die deutsche Mannschaft war sie bis dato schon so etwas wie eine Reiseführerin. Vor allem die Angst vor dem chinesischen Essen konnte sie ihren Teamkameraden nehmen. Die Schlussfeier möchte sie unbedingt noch miterleben. Für Xu, die seit fünf Jahren in Saarbrücken lebt, sind die Spiele in Peking etwas ganz Besonderes. „Als Auslandschinesin spürt man schon so etwas wie Stolz“, sagt sie.

Nach Olympia macht sie zwei Wochen Urlaub in Chengdu bei ihren Eltern. „Ich habe sie seit dem Erdbeben nicht mehr gesehen.“ Anschließen spielt sie noch die großen Turniere in Asien. Nächstes Jahr wird sie ihre Karriere wohl beenden. Das fantastische Spiel, das sie der Weltranglistenersten geliefert hat, kann an ihrem Beschluss nichts ändern. „Ich bin doch schon etwas älter“, sagt sie. Das hat man in diesem packenden Match am Mittwoch nicht gesehen.