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Archiv-Artikel

Minutenschlaf am Millerntor

Der FC St. Pauli und der VfL Osnabrück trennen sich in der 2. Fußball-Bundesliga mit 2:2. Während die Hamburger an ihrem Hang zur Ergebnisverwaltung scheiterten, müssen die Niedersachsen an ihrer Chancenverwertung arbeiten

Knapp zehn Minuten waren zwischen dem FC St. Pauli und dem VfL Osnabrück gespielt, da träumte der Hamburger Teil der 22.000 Fans am Millerntor schon von einer Saisonstart-Tabelle mit dem Kiez-Club als Spitzenreiter. Nach einem Blitzstart lag der FC St. Pauli bereits mit 2:0 durch zwei Tore von Florian Bruns in Führung. „Zu diesem Zeitpunkt gab es nur einen möglichen Sieger“, sagte auch Gästetrainer Claus-Dieter Wollitz. Am Ende aber reichte es für die Hamburger aber nur mit Glück zu einem 2:2-Unentschieden.

Gerade mal vier Minuten waren gespielt, da touchierte der Osnabrücker Abwehrspieler Omodiagbe St. Paulis Trojan im Strafraum. Schiedsrichter Fleischer zeigte sofort auf den Elfmeterpunkt und Florian Bruns erzielte das 1:0.

Weitere vier Minuten später war es ebenfalls Bruns, der einen genauen Pass von Rothenbach über Osnabrücks neuen Torwart Wessels hinweghob. Zuvor hatte Gaetano Manno den Hamburger Außenverteidiger mit einem Abspielfehler an den Ball gebracht. Eine systematische Szene: Osnabrück leistete sich in der Anfangsphase haarsträubende Aufbaufehler und verlor fast jeden Zweikampf gegen aggressive Hamburger. Immer wieder verfielen die Niedersachsen in einen Minutenschlaf – nur Torhüter Wessels verhinderte gegen Ebbers (14.) und Weigelt (35.), dass Osnabrück noch vor der Pause ein Debakel erlebten.

„Wir haben das Spiel nach einer halben Stunden ohne Not aus der Hand gegeben, weil wir das Ergebnis nur noch verwalten wollten“, ärgerte sich St. Pauli-Coach Holger Stanislawski über sein Team, das schon in der vergangenen Saison elfmal nach einer Führung nicht drei Punkte einfahren konnte. Statt weiter nach vorne zu spielen, stellten die Hamburger ihre Angriffsbemühungen ein. Das wurde prompt bestraft. Nach einem Fehlpass von Weigelt ließ Reichenberger Torwart Hain alt aussehen: Der 1:2 Anschlusstreffer fiel noch vor der Pause.

Stanislawskis Plan, in der zweiten Halbzeit wieder mutig nach vorne zu spielen, war bereits nach vier Minuten hinfällig. Nach einem Foul an Surmann schickte Schiri Fleischer St. Paulis Neueinkauf Gouiffe à Goufan mit einer Ampelkarte in die Kabine. Somit mussten die Hamburger nach der Pokalpleite in Aue zum zweiten Mal binnen einer Woche eine Partie in Unterzahl über die Zeit bringen.

Zwar mühten die Hamburger sich um Entlastung, doch Osnabrück beherrschte das Spiel fortan mit einem intelligenten Kombinationsfußball. Minutenschlaf dann auch bei den Hamburgern: Niemand hatte den erst 60 Sekunden zuvor eingewechselten Fuchs auf der Rechnung, der seinen ersten Ballkontakt zum 2:2 Ausgleich (69.) nutzte.

„Wir haben in der zweiten Halbzeit richtig klasse Fußball gespielt und das Zentrum absolut beherrscht“, lobte Osnabrücks Trainer Wollitz seine Mannschaft. Der Tatsache, dass Surmann, Omodiagbe und auch der eingewechselte Frommer die Chancen zum Osnabrücker Siegtreffer nicht nutzen konnten, rang der Übungsleiter einen pädagogischen Aspekt ab. „Nur wer über 90 Minuten alles investiert hat einen Sieg verdient – das aber haben wir in der ersten halben Stunde nicht getan.“

Während die Osnabrücker nach ihrer Leistung in der zweiten Halbzeit optimistisch auf die kommende Partie gegen den SC Freiburg blicken, müssen die Hamburger aus ihrer starken Anfangsphase die Zuversicht für ihr Spiel bei Greuther Führt ziehen. „Wenn wir nochmal in Führung geraten, wechsele ich zwei zusätzliche Stürmer für zwei Mittelspieler ein“, sagte Holger Stanislawski. Es war ein bitter ironisches Versprechen, beim nächsten Mal ein Signal gegen jede Ergebnisverwaltung zu setzen. Marco Carini