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Archiv-Artikel

Wut in der Tiefschlafphase

„Bürger in Wut“ ist immer noch nicht im Parlament, weshalb er schon mal böse herum poltert – grundlos allerdings

Von FEZ

Still ruht Bremen, zumindest seine politische Welt; bevor es im September weitergeht, kann sie getrost nochmal in die Tiefschlafphase eintreten. Nur einer ist schon hellwach, will was machen, während die Großen noch schlafen. Jan Timke, von Bürger in Wut (BIW), nein: der Bürger in Wut, den er ist es ja, der für alle Wütenden endlich in die Bürgerschaft will.

Er hatte die Nachwahl am 6. Juli 2008 im Bremerhavener Wahlbezirk Eckernfeld für sich entschieden und den SPD-Abgeordneten Wolfgang Jägers von seinem Sitz gedrängt. Nur: Es ist noch nicht soweit, Jägers ist immer noch Mitglied der Bürgerschaft, Timke ist es noch nicht. Das macht ihn so wütend, dass sein Pressesprecher, Werner Fincke, gestern eine dreiseitige Pressemitteilung verschickte, in der BIW Jägers zum Mandatsverzicht auffordert. Obwohl das Ergebnis der Nachwahl bereits am 10. Juli vorlag, klebe Jägers an seinem Sitz und blockiere Timkes Einzug in die Bürgerschaft. Die „Bremer Schmierenkomödie um die Bürgerschaftswahl 2007“ gehe weiter, die SPD versuche alles, um Bürger in Wut aus dem Landesparlament fernzuhalten, schreibt BIW. Der politische Anstand gebiete es, dass Jägers sein Mandat von sich aus zurück gibt.

Dass der nicht daran denkt, hat gute Gründe: Verzichtete Jägers, verlöre er für den Rest der Wahlperiode die Möglichkeit, als Ersatz für einen anderen SPD-Abgeordneten als Nachrücker ins Parlament einzuziehen. Also muss das Wahlprüfungsgericht den Mandatsverlust Jägers aufgrund des nachträglich festgestellten Änderung des Wahlergebnisses – eben durch die Eckernfelder Wiederholungswahl – offiziell machen. Erst dann kann der Landeswahlleiter Timke fragen, ob der die Wahl annimmt. Wenn Timke das tut, ist er Abgeordneter. BIW-Sprecher Fincke bekannte gestern, er habe nicht gewusst, dass Jägers bei Mandatsverzicht seinen Status als Nachrücker verloren hätte. „Aus der Warte heraus ist das natürlich verständlich“, sagte er.

Die Pressemitteilung war da aber schon verschickt, und die wirft dem Wahlprüfungsgericht auch noch Trödelei vor, weil es erst am 3. September zusammen trete, um Timke den Weg frei zu machen. BIW müsste das eigentlich besser wissen, denn der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts, Ingo Kramer, der zugleich Mitglied des Wahlprüfungsgerichts ist, hatte dem Anwalt der Wutbürger längst mitgeteilt, dass der 3. September wegen der Ferienzeit der frühestmögliche Termin sei. Man müsse vollzählig sein, um tätig zu werden. Am 3. September wird das Gericht wohl aber Jägers’ Mandatsverlust feststellen und Timke wird danach Abgeordneter.

In der ersten Parlamentssitzung am 10. September aber wird er unauffällig bleiben. Denn er habe laut Fincke „einige Anträge, die er gerne einbringen würde“. Etwa „den Rücktritt des Landeswahlleiters“, wie Fincke sagt, denn „Herr Freitag sei verantwortlich für die Wahlmisere.“ Freitag? Heißt der Landeswahlleiter nicht Wayand? „Ach so“, sagte Fincke, „ich meine natürlich den Stadtwahlleiter von Bremerhaven“.

Wie auch immer – die Frist für Anträge läuft am 26. August ab. Da wird Timke immer noch nicht Abgeordneter sein, sondern weiterhin nur ein wütender Bürger. FEZ