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Archiv-Artikel

Union will substituieren

Statt der kontrollierten Heroinabgabe will die CDU lieber Methadonprogramme ausbauen. Doch in Städten, in denen Heroinprojekte liefen, werden diese auch von der CDU befürwortet

von Christian Jakob

Die CDU lehnt die Pläne von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) zur kontrollierten Heroinvergabe ab. „Sowohl für das politische Ziel des Suchtausstiegs als auch zur Kriminalitätsbekämpfung ist die staatliche Heroinabgabe nicht sinnvoll“, sagte eine Parteisprecherin. Es sei zu befürchten, dass durch fortgesetzten Beigebrauch sowohl Beschaffungskriminalität als auch Abhängigkeit fortbestünden.

„Um den Süchtigen zu helfen müssen die bestehenden Methadon-Programme ausgeweitet werden“, sagte die gesundheitspolitischen Sprecherin der Bremer CDU, Rita Mohr-Lüllmann. Insbesondere eine Intensivierung der psychosozialen Betreuung sowie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen seien vonnöten.

Mäurer hatte sich für eine staatliche Heroinabgabe an Drogensüchtige ausgesprochen – um diesen beim Ausstieg zu helfen. Unter staatlicher Aufsicht solle Heroin ärztlich verabreicht werden können. In Bremen gibt es derzeit etwa 3.000 Heroinabhängige, von denen allerdings nur ein kleiner Teil die Kriterien für eine kontrollierte Heroinvergabe erfüllen würde.

Die Bundesregierung hatte 2002 eine groß angelegte Studie angeschoben. An 1.100 schwer Opiatabhängige in sieben Städten wurde dabei synthetisch hergestelltes Heroin ausgegeben. Forscher stellten signifikante Verbesserungen des Gesundheitszustands sowie drastische Rückgänge bei den Straffälligkeitsraten fest.

Daraufhin beschloss der Bundesrat im vergangenen Jahr ein Gesetz zur heroingestützten Behandlung für schwerkranke Drogenabhängige. Dieses liegt seither beim Bundestag – und wird von der CDU-Fraktion blockiert. Dass Bremen sich nun auf Bundesebene in die Debatte einschaltet, ist nicht geplant. Mäurers Äußerungen seien lediglich eine „Positionsbestimmung, die noch nicht mit weiteren Plänen verbunden ist“, so Ressortsprecher Rainer Gausepohl.

In Karlsruhe erhalten rund 60 Abhängige mit einer Ausnahmegenehmigung weiter Heroin in der Drogenambulanz der Arbeiterwohlfahrt, weil sie seinerzeit in die Studie aufgenommen wurden. AWO-Geschäftsführer Gustav Holzwarth nennt die Blockadehaltung der Union im Bund angesichts der gesammelten Erfahrungen einen „Skandal“. Im Karlsruher Stadtrat seien alle Parteien – die CDU eingeschlossen – nach nunmehr siebenjähriger Laufzeit für eine Fortsetzung des Programms. „Das Betäubungsmittelgesetz muss geändert werden“, fordert Holzwarth. Die Kosten für das Projekt seien „gering“: Maximal fünf Euro pro Tag hätte das chemisch einwandfreie Heroin bei einem lizenzierten Pharmahersteller gekostet. Über 100 Euro täglich hätten die Süchtigen demgegenüber auf dem Schwarzmarkt ausgeben müssen – für oft stark gestreckten Stoff mit gefährlichen Beimengungen.

Auch der Bremer FDP-Gesundheitspolitiker Oliver Möllenstädt sagte, die Studie habe gezeigt, dass das Modell „durchaus interessant“ und „wissenschaftlich vertretbar sei“. Wenn die institutionellen und infrastrukturellen Bedingungen geschaffen seien, sehe er Mäurers Vorschlag „sehr wohlwollend“ entgegen.