: 130 Prozent Brasilianer und Marcell Jansen
Für geschätzte 23 Millionen Euro hat der HSV drei Fußballspieler unter Vertrag genommen: Marcell Jansen vom FC Bayern und die brasilianischen Nationalspieler Alex Silva und Thiago Neves, an denen der Verein nur Anteile erwirbt
Der Profi-Fußball, wie ihn der Hamburger SV und andere Vereine auf diesem Niveau betreiben, ist in ein Stadium des „hire and fire“ eingetreten, für das ansonsten große Konzerne berüchtigt sind. Während das „fire“ nur leise „kommuniziert“ wird, wie das im Jargon der Verkäufer heißt, geht das „hire“ umso lauter über die Bühne. Kommen wir zu den Personen: Der Hamburger SV gibt die Verpflichtung von Marcell Jansen bekannt, 22 Jahre alt, linker Verteidiger, geboren in Mönchengladbach, zuletzt Bayern München. Jansen kam an Philipp Lahm nicht vorbei.
Da sich „hire“ und „fire“ bedingen, kann man davon ausgehen, das Thimothée Atouba, bislang Stammspieler hinten links, den HSV verlässt. Ist ja noch Zeit, bis die von der Fifa verlängerte Transferliste am 1. September um 12 Uhr schließt. Außerdem kommt der brasilianische Nationalspieler Alex Sandro da Silva, 23, 193 Zentimeter groß, zuletzt FC Sao Paolo. Zuletzt hatte Silva in Peking die Bronzemedaille gewonnen – gemeinsam mit dem zentralen, offensiven Mittelfeldspieler Thiago Neves, 23, Fluminense Rio de Janeiro, der ebenfalls künftig für den HSV spielt.
Kommen wir zu den Zahlen: Da der HSV, wie in der Branche üblich, keine Zahlen „kommuniziert“, wird spekuliert: Jansen acht, Silva 6,5 Millionen, Neves 9,2 Millionen, Petrić fünf Millionen Euro Ablöse. Da kommt ordentlich was zusammen. „Wir haben die Transfererlöse für Rafael van der Vaart, Mohammed Zidan und Vincent Kompany eins zu eins in die Mannschaft investiert. Wir konnten dies aufgrund unserer Arbeit in den vergangenen Jahren tun“, erklärte der HSV-Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann.
Jansen hat einen Vertrag bis 2013. Der soll die neckische Klausel enthalten, dass der HSV, falls er mit Jansen Deutscher Meister wird, noch mal eine Million an die Bayern überweisen muss. Die Bayern machen trotzdem Verlust, hatten sie doch zehn Millionen für Jansen gezahlt. „Schon damals waren wir an Marcell interessiert“, sagt HSV-Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer. Auch Martin Jol wollte, als er noch Trainer bei Tottenham Hotspurs war, Jansen an die Themse holen.
Jansen hatte am Mittwochmorgen ein Gespräch mit Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann: „Danach wusste ich, dass es besser für mich ist, zu wechseln“, denn das Gespräch zeigte „eine Diskrepanz zwischen dem Stellenwert und der Perspektive, die ich für mich sah, und der des Trainers“.
HSV-Trainer Jol rechnet so: „Wir haben einen Ersatz für van der Vaart“, das wird Neves sein, „wir haben einen für Kompany“, das ist da Silva, der einen Vertrag bis 2013 bekommt, „für Zidan haben wir Petrić“. Thiago kommt in den nächsten Tagen, da Silva, frisch verheiratet, am 11. September, da ihn Brasiliens Nationaltrainer Carlos Dunga ins Aufgebot für die WM-Qualifikationsspiele gegen Chile und Bolivien berufen hat.
Von den neuen Spielern könnte nur Jansen heute in Bielefeld spielen. „Das ist der Vorteil bei einem deutschen Spieler, der braucht nicht so viel Eingewöhnungszeit“, sagte Jol.
Kommen wir zu den Haken: Der HSV erhält von Silva nur die Hälfte der Transferrechte, der Rest bleibt bei der Firma seines Beraters Juan Figer. Der HSV hat ein Vorkaufsrecht für die andere Hälfte, eine Ablösesumme von etwa 13 Millionen ist vertraglich festgelegt. Bei Thiago soll der HSV 80 Prozent der Transferrechte halten, der Rest bleibt bei dessen Berater Delcir Sonda.
Ob die Mannschaft durch die Transfers besser wird weiß keiner. Wir wissen aber: Man muss in diesen Zeiten nach dem Fußball graben. Er liegt unter einer Schicht von Verträgen, Transferrechten, Klauseln, und die ist so dick, dass er schon ein bisschen röchelt, der Fußball.ROGER REPPLINGER