: Opec kämpft gegen Preisverfall
Die Erdölexporteure kündigen Drosselung der Ölfördermenge an. Trotzdem wird kein neuer Höhenflug des Ölpreises erwartet. Aber auch eine endgültige Entwarnung wäre fehl am Platz
VON NICOLA LIEBERT
Öl wird zu billig – jedenfalls für den Geschmack der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec). Nach einem Treffen am Opec-Sitz in Wien erklärten die zwölf Mitgliedsstaaten, ihre Förderung um 520.000 Barrel pro Tag zu drosseln. Dadurch hoffen sie, den Preis bei ungefähr 100 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) zu stabilisieren. Seit Juli, als der Preis für das Barrel auf fast 150 Dollar geklettert war, ist Erdöl rund ein Drittel billiger geworden – auch wenn der Effekt wegen des gesunkenen Eurokurses hierzulande geringer ausfällt: In Euro gerechnet sank der Preis um ein Viertel.
Die angekündigte Verknappung sorgte auch tatsächlich für einen Preisanstieg – aber nur ein bisschen. Der Preis der Nordsee-Ölsorte Brent zog bis gestern Mittag auf 100,90 Dollar pro Barrel an. Er war am Dienstag zeitweise unter die Marke von 100 Dollar gefallen. Selbst Opec-Chef Chakib Khelil sagte angesichts eines „Überangebots an Öl auf dem Weltmarkt“ weiter sinkende Preise voraus – trotz der Opec-Beschlüsse. „Ich glaube nicht, dass das den Abwärtstrend am Ölmarkt wirklich stoppen kann“, meinte auch ein Ölhändler. „Es werden wieder die rückläufige Nachfrage und die Sorgen um die Entwicklung der Weltwirtschaft in den Vordergrund rücken.“
In der Tat wurde der Ölpreis bislang nicht so sehr durch das Angebot, als vielmehr durch die weltweit wachsende Nachfrage getrieben. Die Erwartungen über die weitere Nachfrageentwicklung aber haben sich in jüngster Zeit relativiert – wegen der Abschwächung der globalen Konjunktur, aber auch, weil der teure Sprit Anreize zum Energiesparen gibt. Der Spekulation auf immer noch höhere Ölpreise wurde so der Boden entzogen. Die Internationale Energieagentur hat am Mittwoch ihre Prognose für den weltweiten Bedarf an Öl erneut gesenkt. Der Verbrauch in den Industrieländern werde in diesem Jahr um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr sinken und 2009 um weitere 1,1 Prozent. Weltweit werde die Nachfrage nach Öl zwar steigen, aber nicht so stark wie bislang geschätzt.
Allerdings hält die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Claudia Kemfert, eine Entwarnung für verfrüht. „Einige Länder in der Opec haben deutlich gemacht, dass sie ein Interesse an hohen Ölpreisen haben, und das muss man durchaus ernst nehmen.“ Auch werde die Nachfrage in den Schwellenländern langfristig zunehmen und für steigende Preise sorgen – wenn auch erst in einiger Zeit. Hinzu kommt ein unerwarteter Machtzuwachs für die Opec. Russland, der zweitgrößte Erdölproduzent der Welt, kündigte gestern an, seine Ölpolitik künftig stärker mit der Opec abzustimmen.