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Archiv-Artikel

Wer macht den Wieland?

Wolfgang Wieland tritt Ende Januar nicht mehr als Fraktionschef der Grünen an. Als Nachfolger in der Doppelspitze sind Innenexperte Ratzmann und Haushaltspolitiker Schruoffeneger im Gespräch

von SABINE AM ORDE

Der viel beschworene Generationswechsel bei den Grünen steht jetzt wirklich an – zumindest was den Fraktionsvorsitz im Abgeordnetenhaus angeht. Wolfgang Wieland, der bei weitem bekannteste grüne Landespolitiker, wird bei den Wahlen am 21. Januar diesen Posten abgeben. „Ich trete nicht wieder an“, sagte Wieland gestern der taz. Abgeordneter und innenpolitischer Sprecher der Fraktion aber wird der 54-jährige Rechtsanwalt bleiben, der vor 24 Jahren die Alternative Liste mitgegründet hat und vor 16 Jahren zum ersten Mal in das Abgeordnetenhaus einzog.

Noch ist nicht endgültig geklärt, wer künftig neben Sibyll Klotz die 14-köpfige Fraktion führen wird. Zwei Kandidaten sind im Gespräch: Innenpolitiker Volker Ratzmann und Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger. Ambitionen werden auch dem Verkehrsfachmann Michael Cramer nachgesagt, doch Chancen hat er nicht. Schließlich würde das grüne Urgestein kaum für einen Generationswechsel stehen. Genau der ist aber der Grund für den Abtritt von Wieland. Am Dienstag steht das Thema auf der Tagesordnung der Fraktionssitzung.

Ratzmann wurde schon im letzten Jahr als Nachfolger für Wieland gehandelt. Da war bereits über einen fälligen Generationswechsel in der Fraktionsspitze debattiert und spekuliert worden. Der 42-Jährige, der sich als Strafverteidiger von Flüchtlingen und linken Demonstranten einen Namen gemacht hat, ist bereits bereits seit 1986 Mitglied der Partei.

Doch im Parlament ist Ratzmann noch ein Neuling. Dem Abgeordnetenhaus gehört er erst seit gut einem Jahr an, seit Januar 2002 ist er stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Das und auch seine eindeutige Zugehörigkeit zum linken Flügel der Grünen scheint einige der Abgeordneten skeptisch zu stimmen.

Sie wollen lieber den 40-jährigen Oliver Schruoffeneger als ihren Vorsitzenden. Der ehemalige Reinickendorfer Bezirkspolitiker hat sich vor allem als Haushaltsexperte profiliert, zunächst als Mitarbeiter der Fraktion, seit November 2001 als Abgeordneter. Während Schruoffeneger manchmal zu viel Haushälter sei, heißt es aus der Fraktion, sei Ratzmann dies zu wenig. Intern werden dem Rechtsanwalt die besseren Chancen ausgerechnet. Denkbar wäre, dass Ratzmann den Fraktionsvorsitz übernimmt und Schruoffeneger – gemeinsam mit Lisa Paus – Stellvertreter wird.

Offiziell wollten sich die beiden möglichen Kandidaten gestern nicht äußern. Schruoffeneger ist noch in Urlaub und nicht zu erreichen, Ratzmann sagte nur: „Das müssen wir zuerst in der Fraktion diskutieren.“ Außer Frage aber stehe der Kurs der Fraktion: Sich bei Übereinstimmungen mit Rot-Rot wie in der Innenpolitik auch dazu zu bekennen, in anderen Feldern aber durchaus auch mit FDP und CDU gemeinsame Sache zu machen.

Wer auch immer Wieland nachfolgen wird, einen leichten Job bekommt er nicht. Schließlich war dieser in den zehn Jahren der großen Koalition zwischen 1991 und 2001 eine Art Verkörperung der Opposition. Und er war der einzige Abgeordnete, der dem ehemaligen CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky als Redner, aber auch als Analytiker gewachsen war. Diese Fähigkeit hat Wieland, allerdings etwas müder geworden, auch in der Post-Landowsky-Zeit und nach einer kurzen Episode als Justizsenator im rot-grünen Sommersenat 2001 behalten. Sein Nachfolger muss sie erst unter Beweis stellen.