: Afeworkis Dissidenten
Am Sonnabend heißt es im Hafenklang „Power to the People“. Die Soli-Party gilt politischen Gefangenen in Eritrea: Für ihre Freilassung und die Einhaltung demokratischer Grundrechte setzt sich auch hierzulande ein Zusammenschluss junger Leute ein
von JONAS BERHE
Dass Briefe, wenn sie einen bestimmten Nerv treffen, Unmut auslösen können, bewies die regierende Einheitspartei Eritreas, die Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit (PFDJ) im September 2001. In einem offen Brief an den Präsidenten Isaias Afeworki forderten damals fünfzehn hochrangige UnterzeichnerInnen, unter ihnen viele mit Ministerposten, mehr Transparenz und die Einhaltung von demokratischen Grundregeln in der Politik. Sie kritisierten die Machtkonzentration in den Händen des Präsidenten und seine politischen Alleingänge ohne Absprachen mit dem Kabinett. Nicht zuletzt forderten sie die Inkraftsetzung der längst verabschiedeten Verfassung.
In dem besagten Brief kulminierten lang anhaltende öffentliche Diskussionen um die Führung des Landes und eine fortdauernde Kritik an dem am 12. Dezember 2000 beendeten und sehr verlustreichen Grenzkrieg mit Äthiopien. Zu diesem Zeitpunkt war die unabhängige Presse Eritreas ebenfalls eine deutliche Kritikerin der Führung. Diesmal ging es der Regierung aber deutlich zu weit.
Sie reagierte mit der Verhaftung der unliebsamen Dissidenten aus den eigenen Reihen, von Ältesten, die versucht hatten zu vermitteln, von Geschäftsleuten, regionalen Politikern, zehn Journalisten und circa vierhundert protestierenden StudentInnen. Die bis dahin freie Presse wurde verboten.
Die StudentInnen blieben rund drei Monate inhaftiert. Zwei von ihnen überlebten die Haftbedingungen in einer extrem heißen Region Eritreas nicht und starben an einem Hitzeschlag. Bis zum heutigen Tag haben die PFDJ-KritikerInnen weder Anwalt noch Richter gesehen. Laut einem Bericht von amnesty international befinden sich die Journalisten seit April diesen Jahres im Hungerstreik. Sie wurden an einen bisher unbekannten Ort gebracht und ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt.
Am 18. September 2002 jährten sich die Verhaftungen. Das nahm eine große Zahl von UnterstützerInnen zum Anlass, unter der Überschrift „Freiheit für die politischen Gefangenen“ in der tageszeitung die unverzügliche Freilassung der politischen Gefangenen zu fordern. Auf diese Initiative und andere Kritik, etwa von Seiten der EU oder verschiedener Menschenrechtsorganisationen, reagierte die eritreische Regierung mit schlichter Arroganz.
Auch unter den EritreerInnen im Ausland häufen sich die Proteste, weshalb nun Mitarbeiter der eritreischen Botschaft in Berlin und eigens aus Eritrea angereiste Vertreter der Regierung durch deutsche Großstädte reisen und auf diversen Veranstaltungen wie etwa vorletzte Woche in Kassel versuchen, die Communitys der ExilantInnen auf ihre Pflichten als treue Patrioten einzuschwören. Dabei machen die Veranstalter auch kein Hehl daraus, dass Proteste gegen den derzeitigen Regierungskurs auch für Leute außerhalb der Landesgrenzen Sanktionen nach sich ziehen können. Mit diesem Versuch, die über den ganzen Erdball verstreute und rund eine Million Menschen zählende eritreische Diaspora mit dem Faustpfand der „Heimat“ zu erpressen, schreibt die PFDJ nun ein neues Kapitel in ihrem Kampf gegen Reformen und Demokratisierungsversuche.
Trotz dieser Einschüchterungsversuche versucht hierzulande ein politischer Zusammenschluss, Kritik an der Politik der PFDJ zu üben. In erster Linie sind es KünstlerInnen, StudentInnen, SchülerInnen und MusikerInnen, zumeist in Deutschland geboren oder aufgewachsen, die nun aus der Community heraus und über sie hinaus politisch agieren. Erste Station ist eine Party für die politischen Gefangenen im Hafenklang. Die VeranstalterInnen fordern „Power to the People“, getanzt werden soll zu Underground-HipHop und funky Beats – mit zahlreichen DJs und MCs.
Sonnabend, 22 Uhr, Hafenklang