Solarboom boomt nicht mehr

Im abgelaufenen Jahr wurden nur noch halb so viele Anlagen installiert wie imJahr davor. Unternehmensverband fordert zügigen Zuständigkeitswechsel

BERLIN taz ■ „Solaranlagen preisgünstig wie nie zuvor“, heißt die aktuelle Meldung des Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft UVS. Glaubt man dem alten kapitalistischen Gesetz von Angebot und Nachfrage, ist das durchaus verständlich: Im abgelaufenen Jahr ist die Nachfrage regelrecht eingebrochen. Mit rund 65.000 neuen Solaranlagen wurden nur noch halb so viele installiert wie noch im Jahr zuvor.

„Bei der gesamtkulturellen Lage wäre es ein Wunder gewesen, wenn sich die Solarwirtschaft vom Abwärtssog hätte abkoppeln können“, sagt Carsten Köring, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes. Solartechnische Investitionen seien nun einmal Zusatzinvestitionen, die in wirtschaftlich komplizierten Zeiten zuerst gestrichen würden. Dazu kam der durchaus nicht sichere Ausgang der Bundestagswahl. „Nach den Wahlen konnten wir einen deutlichen Anstieg verzeichnen“, so Körnig zu den Verkaufszahlen. Das zur Disposition gestandene rot-grüne Energie-Einspeise-Gesetz garantiert Betreibern eine Vergütung von 48,11 Cent je ins Netz eingespeister Kilowattstunde.

Allerdings, so Körnig, müsse man den Markt im abgelaufenen Jahr differenziert betrachten: „Bei der Photovoltaik gab es mit rund 90 Megawatt installierter Leistung immerhin ein Plus von 10 Prozent, bei der Solarthermie dagegen ein kräftiges Minus.“ Für den Unternehmensverband ist klar, woran das liegt: an Exwirtschaftsminister Werner Müller. Der hatte im Sommer 2001 handstreichartig die Förderprogramme gestrichen. Zwar musste Müller auf Druck der Regierungsfraktionen im Herbst diesen Schritt rückgängig machen. „Trotzdem sorgte das für eine extreme Unsicherheit“, so Körnig. Ärgerlich sei deshalb, dass die beschlossene Übertragung der Zuständigkeit für Solarthermie vom Wirtschaftsministerium ins Bundesumweltministerium immer noch nicht vollzogen sei. Körnig: „Der Solarthermie geht es schlecht und sie hat nicht einmal einen Ansprechpartner in der Politik.“ Etliche der klein- und mittelständischen Firmen seien existenzbedroht. Entsprechenden Druck müssten deshalb jetzt die Grünen machen.

Nach Erhebung des UVS nutzen in Deutschland jetzt mehr als 500.000 Eigenheimbesitzer Solarenergie zur Strom- oder Wärmegewinnung, um sich vor steigenden Energiepreisen zu schützen. Für 2003 erwartet der Verband einen deutlichen Anstieg der Nachfrage, „unter anderem auf Grund des zum Jahresende auslaufenden 100.000-Dächer-Solarstromprogrammes“. Allerdings reiche dies nicht aus, um die Investitionen der Branche rentabel zu machen. Nach einer Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung hat die Branche in den Jahren 1998 bis 2004 Investitionen von über einer Milliarde Euro eingestellt, wovon der Großteil bereits getätigt wurde. „Wichtig ist deshalb jetzt, sich durch verstärkten Export ein zweites Standbein aufzubauen“, sagt Körnig. Die Japaner schlafen ja schließlich auch nicht. NICK REIMER

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