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Archiv-Artikel

Der Himmel über Bremen

Keine Gruppentherapie: Auch bei dichter Bewölkung tummeln sich samstags im dunklen Rund des Olbers-Planetarium siderierte Helden und versierte Merksatzwisser

Es gibt Merksätze. ‚Geh du alter Esel Heu…‘ – ach nein, das ist ganz der falsche, im Olbers-Planetarium steht nicht Sphärenmusik auf dem Programm, sondern Sterne und unsere Planeten. Aber wie zum Kuckuck hieß jener Satz, dessen neun Anfangsbuchstaben identisch mit deren Initialen sind?

Mal überlegen. Hatte doch etwas mit den Eltern zu tun… –Mama verhaut erst mich…? Jausenbrote schmiert uns nur Papa? „Mein Vater“, tönt’s aus dem dunklen Rund, schmerzhaft gedehnt, als sei der Stimmbesitzer just der Streckbank entronnen – „erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten.“

Ja, das ist ein schweres Los. Aber wenn er die Astronomie über hat, warum geht er dann ins Planetarium? Schließlich ist das hier keine Gruppentherapie! Also jetzt nicht vor lauter Mitleid nachfragen. Konzentrieren: Wie ging noch das Sprüchlein? „Sagen Sie das noch einmal lauter, so dass es alle hören können“, fordert Alena Bach den Zwischenquängler auf. Und sie, die gemeinsam mit Erik Einhaus den didaktischen Abend gestaltet, tut es mit Bedacht. Denn, in der Tat, das war er ja, der Merksatz! Merkur – Mein; Venus – Vater; Erde – erklärt; Mars – mir; und wie die Irrsterne eben so heißen.

Früher gehörte das zum Grundwissen: Die Sterne verkündeten so einiges über Wohl und Wehe der Menschheit im Allgemeinenund übers eigene Schicksal auch. Heute gibt es nur selten Gelegenheit, diese Kenntnisse zu erwerben. Oder zur Schau zu stellen: Für beides ist das Planetarium der rechte Ort.

Mit ihren Show-Programmen erfüllt die vor 51 Jahren für orientierungsbedürftige Nautiker errichtete Olbers-Kuppel einen Volksbildungsauftrag. Sie erwarb sich den ruhmreichen Titel des „bestbesuchten 6-Meter-Planetariums Deutschlands“. 21.000 Sternzugucker kamen allein im vergangenen Jahr – ein Extremwert bei nur 35 Sitzplätzen. Auf die überwältigende Resonanz habe man reagiert, so Andreas Vogel von der Planetariums-Leitung. „Jetzt finden jedes Wochenende unterschiedliche Shows statt.“

Die Grundlage ist stets der an die gekrümmte Decke projizierte Sternenhimmel – und eine Erzählung. An der hangeln sich die Referenten durchs All: Diesmal dient die Geschichte vom außerirdischen Kuscheltier Alf als Aufhänger. Ohne freilich die griechische Mythologie aus dem stellaren Kinoprogramm verdrängen zu können: Der hübsche, aber lüsterne Riese Orion kämpft noch immer gegen den Stier, der die Töchter des Atlas vor ihm schützt, Aldebaran glüht rot, grell glänzt Sirius. Und wirklich, am Bremer Himmel lässt sich das zurzeit genau erkennen. Zumindest wenn in einer sternklaren Nacht der Strom ausfällt.

Benno Schirrmeister