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Archiv-Artikel

Schnee kommt zu spät

Green Bays Footballteam verliert gegen Atlanta erstes Play-off-Heimspiel, New York Jets düpieren Indianapolis

BERLIN taz ■ Es war eine bittere Woche für Brett Favre. Zuerst wurde der Quarterback bei der Wahl zum besten Spieler der Saison in der National Football League (NFL) knapp von Oaklands Rich Gannon geschlagen, dann flogen seine Green Bay Packers am Samstag sang- und klanglos aus den Play-offs. Und dies auf ihrem gefürchteten Lambeau Field am Lake Michigan, wo sie noch nie ein Play-off-Match verloren hatten, die ganze Spielzeit hindurch ungeschlagen waren und wo meist schon die eisigen Temperaturen genügen, um ihren Kontrahenten die Knie schlottern zu lassen – ganz zu schweigen von Favres Pässen.

Am Ende des 7:27 gegen die Außenseiter von den Atlanta Falcons hatte der 33-jährige Quarterback jedoch nicht nur verloren, sondern auch einen Blick in die Zukunft werfen können. Nicht er, der hochberühmte Veteran, sondern das 22-jährige Supertalent Michael Vick war die dominierende Figur auf dem Spielfeld. Dabei waren Vicks Statistiken bei seinem Play-off-Debüt eher bescheiden: Pässe für 117 Yards, 64 selbst erlaufene Yards. Doch immer, wenn es zählte, wusste der Quarterback der Falcons das richtige Mittel. „Er hatte ein paar großartige Aktionen“, lobte Green Bays Coach Mike Sherman, „wir konnten ihn nicht erwischen.“ Und Kollege Dan Reeves von den Falcons, der vor 35 Jahren als Spieler der Dallas Cowboys einmal nahe daran gewesen war, den seit Einführhung der Play-offs 1933 bestehenden Heimnimbus der Packers zu brechen, schwärmte: „Er ist erstaunlich, je schwieriger die Situation, desto besser spielt er.“

Begünstigt wurde Atlanta auch vom Wetter. Die Temperatur war mit knapp unter null recht warm für januärliche Lambeau-Field-Verhältnisse, der von den 65.358 Zuschauern ersehnte Schnee kam erst bei Halbzeit, als es schon 0:24 stand. Die Käsehüte, mit denen die Fans des Teams aus dem für dieses landwirtschaftliche Produkt berühmten Wisconsin zu wichtigen Auswärtsspielen, speziell zur Super Bowl, zu reisen pflegen, können dieses Jahr also im Schrank bleiben. Viele Anhänger hatten bereits Flüge nach Florida zum vermeintlich nächsten Match bei den Tampa Bay Buccaneers gebucht. Und Brett Favre? Der war sprachlos. Völlig gegen seine Gewohnheit floh der Quarterback der Packers ohne ein Wort von der Stätte des Unheils.

Während die Falcons nun nächstes Wochenende bei den Philadelphia Eagles Michael Vicks Vorhersage untermauern dürfen, dass sie jeden besiegen können, „wenn wir als Mannschaft spielen“, befindet sich ein anderes Team in einem ähnlichen Höhenflug. Die New York Jets fertigten die Indianapolis Colts mit 41:0 ab und Guard Dave Scott tönt: „Wir fürchten niemanden.“ Je nach Ausgang der gestrigen Sonntagsspiele bekommen es die Jets mit Oakland oder Tennessee zu tun.

Nach überzeugenden Siegen gegen die New England Patriots, Green Bay Packers und nun die Indianapolis Colts, bei denen der hochgelobte Quarterback Peyton Manning auch das dritte Play-off-Match seiner Karriere verlor, strotzen die New Yorker vor Selbstbewusstsein. 113:34 lautet das kombinierte Resultat der letzten drei Partien, nicht zuletzt das Werk von Chad Pennington, der gegen die Colts 19 von 25 Pässen an den Mann brachte. Bekommen hatten die Jets den Quarterback vor drei Jahren als einen von zwei Erstrunden-Draftpicks, welche man von Tampa Bay für den populären Receiver Keyshawn Johnson erhalten hatte. Ein Deal, der die Fans in schiere Wut versetzte. „Wenn wir dafür einen Quarterback bekommen, ist es das wert“, entgegnete Bill Parcells, zu jener Zeit Coach der Jets. Die Rechnung von Parcells, vor einigen Tagen zum neuen Hoffnungsträger der Dallas Cowboys erkoren, ging auf und kein Jets-Fan redet mehr schlecht über den Excoach. Stattdessen träumt man mal wieder vom Titel. Der letzte ist schließlich lange her: 1969 in Super Bowl III. MATTI LIESKE