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Archiv-Artikel

Anschlag auf US-Botschaft im Jemen

Bei einer Schießerei und einer Bombenexplosion kommen in der Hauptstadt Sanaa 15 Jemeniten und eine Inderin ums Leben. Die Anschläge im Land richten sich nicht nur gegen Ausländer. Das Auswärtige Amt in Berlin rät zu Vorsicht bei Reisen

Von B. S.

SANAA/BERLIN dpa/ap/taz ■ Bei einem schweren Terroranschlag auf die US-Botschaft im Jemen sind am Mittwoch 16 Menschen ums Leben gekommen. Bei den Toten handelt es sich nach Angaben eines Behördensprechers um sechs Polizisten, sechs Angreifer und vier unbeteiligte Zivilisten. 16 weitere Menschen seien verletzt worden. Die Todesopfer seien bis auf eine indische Zivilistin alle Jemeniten, hieß es. Mitarbeiter der durch hohe Mauern geschützten Botschaft kamen nach Angaben eines Polizeisprechers nicht zu Schaden.

Nach Augenzeugenberichten in Sanaa kreisten über dem Viertel noch Stunden nach dem Anschlag immer noch Hubschrauber der Sicherheitskräfte, die nach geflohenen Angreifern suchten. Augenzeugen sagten, die Angreifer hätten Polizeiuniformen getragen. Sie hätten zuerst von einem fahrenden Auto aus die Wächter an einer Straßensperre unter Beschuss genommen, die rund 100 Meter von der Botschaft im Sheraton-Viertel von Sanaa entfernt liegt.

Anschließend seien die Terroristen mit einem zweiten Auto vor das Tor des Botschaftsgeländes gefahren. Dort sei dann in dem Fahrzeug eine Bombe explodiert. Sowohl an der Straßensperre als auch vor dem Botschaftskomplex hätten Polizisten das Feuer der Angreifer erwidert. Die Angreifer waren laut Augenzeugen mit Maschinenpistolen und Panzerfäusten bewaffnet.

Der Anschlag war nicht der erste auf die amerikanische Vertretung im Jemen. Im März war bei einer Handgranaten-Attacke von Extremisten vor der US-Botschaft ein jemenitischer Polizist ums Leben gekommen. Drei weitere Polizisten und dreizehn Mädchen in einer angrenzenden Schule waren damals verletzt worden. 2003 hatten mehrere zehntausend Demonstranten versucht, nach Beginn des Irakkrieges die Botschaft zu stürmen. Dabei wurden zwei Menschen erschossen. Ein Jahr zuvor, einen Tag nach einem Besuch von US-Vizepräsident Dick Cheney, warf ein Mann eine Blendgranate auf das Botschaftsgelände. Im Oktober 2000 hatten Al-Qaida-Terroristen das amerikanische Kriegsschiff „USS Cole“ im Golf von Aden angegriffen und 17 Marinesoldaten getötet.

Die US-Botschaft in Sanaa gehört zu einem der am besten gesicherten Gebäude des Jemen. Erst am vergangenen Wochenende hatte Michael Vickers, ein hochrangiger Beamter des US- Verteidigungsministeriums, den Jemen besucht. Nach Angaben der Botschaft lobte er bei Gesprächen mit jemenitischen Regierungsbeamten die jüngsten Maßnahmen, durch die „gefährliche Terrorgefahren im Jemen gebannt wurden“.

Im August hatte das US-Außenministerium die Abreise mehrerer Mitarbeiter der US-Botschaft in Sanaa und die Ausreise von Angehörigen der Diplomaten angeordnet. Diese Weisung war jedoch wenige Tage später wieder aufgehoben worden.

Das Auswärtige Amt in Berlin riet am Mittwoch zu besonderer Vorsicht bei Reisen in den Jemen. Wiederholt habe ein jemenitischer Ableger von al-Qaida mit Anschlägen auf nichtislamische Ausländer im Jemen und der gesamten arabischen Halbinsel gedroht, hieß es in dem aktualisierten Sicherheitshinweis.

Am Mittwoch bekannte sich eine Gruppe namens „Islamischer Dschihad im Jemen“ zu dem Anschlag. Allerdings treten Terrorgruppen, die der al-Qaida zugerechnet werden, im Jemen unter verschiedenen Namen auf. Die Anschläge richten sich allerdings nicht nur gegen Ausländer oder ausländische Einrichtungen, sondern auch gegen jemenitische Ziele. Im Juli und August hob die Polizei mehrere Verstecke mutmaßlicher Terroristen aus. Der Jemen, eines der ärmsten Länder der Welt, unterstützt den „Krieg gegen den Terror“ der USA nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Im Westen wird das gebirgige Land, in dem Waffenbesitz weit verbreitet ist, allerdings nach wie vor für eine Brutstätte des Terrorismus gehalten. B. S.