: Mehr Windpower für Hamburg
Die Siemens-Tochter „Windpower“ will ihren Vertrieb vom Hamburg aus organisieren – aus logistischen Gründen. Die Bremer Mitarbeiter sehen sich zur Service-Abteilung degradiert
von KLAUS WOLSCHNER
Siemens ist ein großer Konzern, von dem bekannt ist, dass er seine Mitarbeiter gern mal hin- und herschiebt. Große Aufregung machte so Anfang der Woche bei den Bremer Windenergie-Experten die Nachricht, dass eine neue Vertriebszentrale in Hamburg aufgebaut werden soll und dass dafür auch Mitarbeiter aus Bremen abgezogen werden müssten. „Eine Plausibilität für den Standort Hamburg können wir nicht erkennen“, erklärte die Betriebsrätin Christa Scheidweiler, und formulierte die „Gefahr“, dass das Bremer Werk langfristig zur reinen Service-Abteilung werden könnte.
Die Sensibilität für Entscheidungen entfernter Konzernzentralen ist bei dem Bremer Windenergie-Standort groß – Siemens hatte den Betrieb „AN Windenergie“ erst vor drei Jahren gekauft. „AN“ war einmal eine Abkürzung für „Arbeitnehmerbetrieb“, das Unternehmen war einst aus einem Montagewerk der Nürnberger Voith-Gruppe hervorgegangen, die den Bremer Standort Anfang der 80er Jahre schließen wollte. Mit einer großen Solidaritätskampagne war „AN“ gerettet worden und hatte mit der Windenergie schließlich einen zukunftsträchtigen Geschäftsbereich gefunden.
Andreas Nauen, Chef der Siemens Windpower, war gestern aus dem dänischen Brande nach Bremen gekommen, um die Wogen zu glätten. Ein „Kommunikationsschnitzer“ sei da passiert, räumte er ein – der Betriebsrat war offenbar nicht hinreichend über die Pläne der Firma informiert worden. Aber Bremen als Standort sei keineswegs gefährdet: „Siemens macht Bremen zur Europazentrale seines Windenergie-Servicegeschäfts“ war die neue Botschaft. Die allerdings eine klein gedruckte Kehrseite hat: Die „Europazentrale für den Vertrieb und die Projektabwicklung im Windenergiegeschäft“ soll in Hamburg neu aufgebaut werden. Da ist in der Siemens-Niederlassung Platz.
Wie genau und wann die Hamburger Zentrale entsteht und was das für die anderen Standorte bedeutet, das weiß der Windenergie-Chef offenbar selbst nicht genau. „Rund 50“ MitarbeiterInnen soll die Hamburger Vertriebszentrale haben, im ersten Schritt. Was in zwei Jahren sei, darüber könne man nichts sagen, erklärte Nauen.
Wird den Mitarbeitern, die nach Hamburg gehen sollen, wenigstens eine Bahncard geboten? Auch das ist offen, wäre aber „keine blöde Idee“, sagt Nauen. Die „Europazentrale für Service“, zu der der Bremer Standort ausgebaut werden soll, würde „sicher nicht mit den vorhandenen Kräften“ auskommen. Was nicht heißen soll, dass die Stellenzahl erhöht wird. Warum Hamburg als neuer Standort, warum nicht ein Ausbau des Bremer Standortes, an dem Siemens Windpower derzeit 270 Arbeitskräfte hat? Man habe sich für Norddeutschland entschieden, Hamburg sei eben für Mitarbeiter aus dem dänischen Brande attraktiv, dort gebe es schon andere Unternehmen der Windenergie-Branche, Hamburg biete „logistische Vorteile“, die europäischen Städte seien gut zu erreichen, Hamburg sei attraktiv für qualifizierte Mitarbeiter.
Die Bremer Wirtschaftspolitik bemüht sich, Bremerhaven als Standort für Windenergie zu fördern – da aber winken die Siemens-Manager ganz ab. Mit Bremerhaven wäre „nicht viel gewonnen“ gewesen, da könnte man auch im dem dänischen 7000-Seelen-Ort Brande bleiben.