Frank Baumann, Chef-Einsteller : Ein Gutmensch poltert los
Spielerisch hat er eher weniger beigetragen zu Werders 5 : 2 in München. Aber indirekt war der grünweiße Triumphzug durch die Wiesn-schunkelnde bayrische Landeshauptstadt sein ganz persönlicher Erfolg. Frank Baumann, Bremens großer Schweiger, war nach dem leblosen Auftritt gegen Famagusta nach zehn Jahren in Bremen erstmals richtig laut geworden und hatte seine Mitspieler öffentlich kritisiert. Vom Einstellungsproblem mancher Kollegen war da die Rede, von fehlendem Siegeswillen und von satten Spielern, die den Schatten scheuen, weil sie es sich auf der Sonnenseite bereits so schön gemütlich gemacht haben. Das hatte gesessen.
Die Kritik hatte auch deshalb einen so großen Nachhall, weil sie vom sonst so stillen Baumann kam und nicht von Dauermotzer Torsten Frings. In Bremen, wo sich sonst alle so pudelwohl fühlen, war plötzlich Alarm. Gerade rechtzeitig vor dem Gipfel mit den Bayern hatte die plötzliche Transformation des fränkischen Gutmenschen einen ganzen Verein aus seiner gutbürgerlichen Lethargie geschreckt.
In München visualisierte er dann seine eigenen Forderungen, als eine Art Einstellungs-Blaupause für den Rest: Erst holte er Schweinsteiger von den Beinen, um dann fünfzehn Minuten später Bayerns Aggressiv-Leader Mark van Bommel im Mittelkreis in Roy-Keane-Manier an den Rasen zu gewöhnen. Van Bommel mied fortan die Konfrontation mit Baumann. Es war vielleicht die Schlüsselszene des Spiels.
Und Baumann? Tauchte wieder ab und nahm, wie so oft, die Farbe des Rasens an. Der Kapitän hatte seine Aufgabe auf wie neben dem Platz erfüllt. Hinterher säuselte es aus seinem Engelsgesicht in alle Kameras: „Das war doch keine Kritik, was ich gesagt habe, sondern nur ein Denkanstoß.“ Denken hilft manchmal offenbar. LUCAS VOGELSANG
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Fotohinweis:FRANK BAUMANN, 32, wird in Bremen kritisiert, weil er zu langsam sei, hat aber dafür Lautsprech-Qualitäten. FOTO: DPA