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Archiv-Artikel

Von der Spielbarkeit der Zähmung im Zeitalter der Emanzipation

Völlig inakzeptabel finde er den Schlussmonolog der „Widerspenstigen“, sagt Christian Fries. Inszeniert hat er die Komödie trotzdem

„Das ist doch unspielbar“, hörte man ihn manchmal in den letzten Monaten klagen, den Christian Fries. Als widerspenstig im wahrsten Sinne des Wortes empfand der Regisseur die Arbeit an Shakespeares Komödie über den Geschlechterkampf. Damals auf seine aktuelle Regiearbeit für die Bremer Shakespeare Company angesprochen – eben jene „Zähmung der Widerspenstigen“ – pflegte der 43-Jährige sorgenvoll die Stirn in Falten zu legen und, theatralisch eine leichte Verzweiflung andeutend, sein graumeliertes, langhaariges Haupt zu schütteln.

Nun, nach zwölf Wochen Proben zeigt sich Fries doch „guten Mutes“. So einige Klippen seien umschifft, die Tücken des Stücks erkannt. Des Regisseurs größte Schwierigkeit war – nach eigenem Bekunden – zum Inhalt Stellung zu nehmen. Denn worum geht es in dieser Komödie? Geschlechterkampf: Die renitente Katharina lehnt sich mit überbordendem Jähzorn gegen eine alles bestimmende Männergesellschaft auf, wird dann aber durch ihren Ehemann Petruchio brutal „erzogen“: Er bricht ihren Willen. Zuletzt ist sie ein zahmes Täubchen und preist ihren gebieterischen Mann als „Herrn, Erhalter, Licht, Haupt und Fürst“.

Oft wird das ironisch interpretiert. Doch dazu konnte sich Fries nicht durchringen. „Ich kann nicht glauben, dass Katharina nur zum Schein dieses Zähmungsritual mitmacht. Und den Schlussmonolog finde ich einfach inakzeptabel.“ Auch Petruchios taktische Gewalttätigkeit sei keine reine Pose. Zudem wären die Schachereien, Feilschereien und Verhandlungen um die Frauen nicht gerade lustig.

Verständlich, dass bei so einem Interpretationsansatz Schwierigkeiten auftauchten. Schließlich handelt es sich ja um eine Komödie. „Übrigens meine erste!“ Mit dem Ensemble hat Fries bereits eine Strindberg-Adaption inszeniert. Diesmal aber habe es ihn vor allem interessiert, so der Regisseur weiter, sich mit den so genannten Company-Dogmen, der offenen Spielweise etwa und der Mehrfachbesetzung, offensiv auseinander zu setzen.Und zu sehen, was dadurch geschieht. Herausgekommen sei eine Art Mischform. Die Rahmenhandlung rund um den besoffenen Kesselflicker Sly, der von einer reichen Gesellschaft veralbert wird, hat Fries gestrichen. So spielen sechs Darsteller 15 Rollen, sie verlassen niemals die Bühne, schlüpfen für jeden sichtbar in die nächste Rolle. Dies deute noch ein wenig auf die im Stück ehemals vorhandene Schauspielertruppe. Realistische Szenen wandelte der Regisseur in „Traumszenen“ um und frönt hier seiner eigenen Handschrift und Affinität zum Irrationalen.

Außerdem gibt’s den Schluss nun in zwei Varianten. „In moderner und alter Form.“ Mehr verrät der Herr Fries aber nicht. Donnerstag ist Premiere. Und gewissermaßen Uraufführung. Von Rainer Iwersens Übersetzung nämlich: „Die Zähmung der Widerspenstigen“ heißt sie. Und eben nicht „Der Widerspenstigen Zähmung“. Von der romantischen Übertragung hat sich Iwersen, das macht schon der Verzicht auf den altertümelnden Titel klar, deutlich emanzipiert. Daniela Barth

Premiere: 16. Januar, 19.30 Uhr, Theater am Leibnizplatz