: Tarifkonflikt ist vorbei, deswegen fängt er wieder an
Beamte wollen mehr Geld, IG Metall will weniger arbeiten, Innenminister Schily will solidarische Bundesländer, und Kommunen wollen Finanzreform
BERLIN dpa/ap/ddp/taz ■ Auch die 1,7 Millionen Beamten fordern mehr Gehalt, nachdem die Angestellten im öffentlichen Dienst einen Tarifabschluss von knapp drei Prozent herausgehandelt haben. Der Vorsitzende des Beamtenbundes, Erhard Geyer: „Ich kann nur davor warnen, das Tarifergebnis sozusagen durch die Beamten finanzieren zu lassen.“
Inzwischen drohen Kommunen und Länder weiterhin damit, die Arbeitgeberverbände zu verlassen. Sie halten den Tarifabschluss für unbezahlbar. So erwägt Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU), aus der Tarifgemeinschaft auszusteigen. Auch Rheinland-Pfalz und Bayern äußerten entsprechende Pläne. Sachsen-Anhalt hatte diesen Schritt bereits letzte Woche angekündigt – doch nun folgte der Rückzieher. „Kurzfristig“ bleibt man in den Arbeitgeberverbänden, man werde über die Zukunft des Flächentarifvertrags im öffentlichen Dienst nur noch „langfristig“ nachdenken. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) sekundierte: Langfristig mache es keinen Sinn, finanzstarke und finanzschwache Länder gleich zu behandeln.
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) warnte Länder und Kommunen davor, aus der Tarifgemeinschaft mit dem Bund auszusteigen. Er sagte der Bild am Sonntag: „Die öffentlichen Arbeitgeber können sich gegen die mächtige Gewerkschaft Ver.di nur behaupten, wenn sie geschlossen und solidarisch auftreten.“
An diesen Rat hat sich Berlin nicht gehalten – es trat kurz vor dem Abschluss der Tarifverhandlungen aus den Arbeitgeberverbänden des öffentlichen Dienstes aus. Dies blieb nicht unwidersprochen: „Wir prüfen gerade rechtliche Schritte“, sagte der Vorsitzende der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP), Eberhard Schönberg.
Unterdessen handelte Ver.di-Chef Frank Bsirske mit der Städtetagspräsidentin Petra Roth aus, dass man gemeinsam für eine Reform der Gemeindefinanzen kämpfen werde. Im Gegenzug versprach Roth, gleichzeitig Oberbürgermeisterin von Frankfurt, dass ihre Stadt den kommunalen Arbeitgeberverband nicht verlassen werde. Nach Angaben des Politologen Peter Grottian ist jedoch damit zu rechnen, dass insgesamt mindestens 100 Kommunen den Flächentarifvertrag aufkündigen.
Doch erwägen nicht nur die Arbeitgeber den Ausstieg aus Verträgen – die IG Metall will anscheinend die Arbeitszeitregelung im Osten kündigen. Man wolle notfalls mit Streiks erzwingen, dass im Osten künftig die im Westen übliche 35-Stunden-Woche gilt. Der für Berlin, Brandenburg und Sachsen zuständige IG-Metall-Bezirksleiter Hasso Düvel forderte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Die soziale Einheit muss endlich vollendet werden.“ UH
meinung und diskussion SEITE 12
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