: Ja zum Rabatt, nein zum Dumping
Verbraucherministerin Künast wettert gegen die Preisdrückerei der Handelsketten. Wirtschaftsminister Clement solle Verkauf unter Herstellungskosten einschränken. Die Gesetznovelle gegen irreführende Sonderangebote kommt Ende Januar
von HANNES KOCH
Gute Politiker reisen viel. Aus Südosteuropa weiß die grüne Bundestagsabgeordnete Ulrike Höfken zu berichten, dass bestimmte Geschäftspraktiken „im Basar“ verpönt seien. Trotz aller Handelei werde eine Ware nicht unter ihrem Herstellungswert verkauft. In mitteleuropäischen Supermärkten ist das mittlerweile durchaus üblich – was die Bundesregierung jetzt aktiv werden lässt. Bestimmte Arten von irreführenden Rabatten und Preisauszeichnungen sollen verboten werden.
„Geiz ist ätzend“, erklärt Höfken, verbraucherpolitische Sprecherin ihrer Partei, in Anspielung auf das gegenteilige Werbemotto einer Handelskette. Dass sich gerade die Lebensmittelkonzerne seit Monaten gegenseitig mit Niedrigpreisen unterbieten, betrachtet Höfken mit Argwohn. Bei Milch und Fleisch sei das allgemeine Preisniveau inzwischen beispielsweise so weit gesunken, dass die Landwirte kaum die Produktionskosten, geschweige denn Löhne und Investitionen erlösen würden.
Weil das Thema schön zur Agrarmesse „Grüne Woche“ passt, die seit gestern in Berlin läuft, steigt die grüne Verbraucherministerin Renate Künast nun in die Bütt und wettert gegen unzulässiges Preisdumping. Um dieses künftig zu erschweren, sollen zwei Gesetze geändert werden.
Zum einen will Künast das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen verschärfen. Dort steht, dass „Waren (…) nur gelegentlich unter Einstandspreis“ verkauft werden dürfen. Im Augenblick passiere aber das Gegenteil, heißt es in grünen Kreisen. Supermärkte und Discounter wie Edeka, Metro, Tengelmann, Aldi und Spar würden systematisch und langfristig unter den Erzeugerkosten anbieten. Der zuständige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) solle also den Begriff des „Einstandspreises“ im Gesetz genauer definieren, fordert das Künast-Ministerium. Dann habe das Bundeskartellamt eine bessere Handhabe, um gegen Preisdumping à la Aldi vorzugehen.
Währenddessen will Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) irreführende Lockangebote erschweren. Ende Januar legt sie den Entwurf für die Novelle des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor. Sonderangebote sollen demnach an schärfere Bedingungen geknüpft werden. Es wird verboten, dass Läden mit Niedrigpreisen werben, wenn der Vorrat der entsprechenden Produkte sehr gering ist. Außerdem soll es schwieriger werden, Preissenkungen vorzugaukeln. Geschäfte dürfen dann nicht mehr irgendwelche Fantasiepreise auf die Schilder schreiben, sie dick durchstreichen und den aktuellen Preis darunter notieren – oft genug waren die Artikel niemals zu dem angeblich alten Preis veräußert worden.
Von diesen Einschränkungen des Missbrauchs abgesehen, liegen die Initiativen der Regierung aber auf der großen Linie der Liberalisierung. Die Reform des UWG dient in erster Linie dazu, alle möglichen Beschränkungen für Rabatte und Sonderverkäufe aufzuheben. Sommerschlussverkauf ist dann das ganze Jahr.