: Bosse auf den Barrikaden
Morgen gehen Bremens Unternehmer auf die Straße und agitieren gegen Rot-Grün
taz ■ Da werden die Innenstadt-Flaneure morgen Augen machen: Am hellichten Tag, um drei Uhr nachmittags, wollen sich die Bremer Mittelstands-Bosse am Hillmannplatz versammeln, um gegen „die konzeptionslose Flickschusterei der Regierung Schröder“ zu protestieren. Via Obernstraße und Handelskammer soll es zum Marktplatz gehen, wo eine Kundgebung stattfinden und Vertretern der nebenan tagenden Bürgerschaft eine „Charta“ übergeben werden soll. Aufgerufen zu der bundesweiten Aktion hat die Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU).
„Den Charakter eines Trauermarsches“ soll der Protestzug der Bosse haben, sagt Bernd Hesse, Chef des Bremer ASU-Ablegers. Nur noch etwa 350 Mitglieder habe sein – parteiunabhängiger – Verband derzeit in der Hansestadt, sagt er. Durch die vielen Pleiten und Insolvenzen in letzter Zeit plage die Bremer ASU heftiger Mitgliederschwund. Gleichwohl ist die Marktwirtschaftsprozession am Mittwoch gut organisiert: Trauermusik wird erklingen, vorneweg sollen sechs Männer einen Sarg tragen, die Demonstranten werden mit Leichenhemden, Fackeln und Protestschildern bewaffnet sein. Und damit sich noch möglichst viele Gleichgesinnte dem Zug anschließen, verteile man seit Montag „Flugblätter in den Innenstadtbüros“, so Hesse.
Damit es den Arbeitgebern bei all dem Jammer und Schauder nicht zu traurig ums Herz wird, hat Hesse sich auch etwas „sehr Lebhaftes“ ausgedacht: Mit 800 Watt soll der schröderophobe „Steuer-Song“ die Bremer Innenstadt beschallen. „Das ist einfach Ausdruck der Volksmeinung“, sagt der ASU-Chef.
Die rot-grüne Bundesregierung schlachte „die Henne, die die Eier legen soll“, kritisieren die ASU-Anzugträger. Nie seien „deutsche Bürger so fiskalisch ausgebeutet und ausgeschnüffelt worden wie gegenwärtig“. Die „ASU-Wirtschafts-Charta“ weiß dagegen, wie ein „moderner Staat“ aussehen soll: weniger Steuern, Subventionen, Staat und Gesetze, dafür mehr Privatvorsorge, Wettbewerb und – wer wollte das nicht – Demokratie.
Nach dem Streik geht‘s für die abgekämpften Demonstranten übrigens nicht nach Hause, sondern schnurstracks in den Industrie-Club – zum gemütlichen Plausch mit den Volksvertretern beim traditionellen „parlamentarischen Abend“. jox