„Zugkraft für Europa“

Frankreichs Präsident lobt Beziehungen zu Berlin. Engere Regierungskooperation durch Generalsekretariate

PARIS taz ■ Wenige Stunden vor dem 40. Geburtstag der deutsch-französischen Beziehung, der morgen in Versailles mit einem gemeinsamen parlamentarischen Akt gefeiert wird, lobte Frankreichs Staatschef gestern seine „von Vertrauen und Hochschätzung“ geprägte „menschliche Beziehung“ zu Bundeskanzler Gerhard Schröder. „Wir sind ausgesöhnt“, stellte Jacques Chirac im konservativen Blatt Le Figaro fest: „Wir müssen Zugkraft im Dienste Europas werden.“ Morgen soll im Rahmen der Geburtstagsfeier eine Kabinettssitzung in Paris stattfinden, an der die Mitglieder beider Regierungen teilnehmen. Auch künftig sollen gelegentlich FachministerInnen an Kabinettssitzungen im anderen Land teilnehmen.

Um die Regierungszusammenarbeit abzustimmen, wollen Paris und Berlin „Generalsekretariate“ einrichten. Ihre ChefIn wird in Deutschland deutsch und in Frankreich französisch sein – mit eineR StellvertreterIn aus dem jeweils anderen Land. Auf deutschen Wunsch werden die Generalsekretariate in den Außenministerien angesiedelt.

Angesichts der Geburtstagsfeier schrumpfen die Missstimmungen der letzten Jahre offiziell auf eine einzige zusammen. Aus dem Élysée-Palast verlautet, es habe lediglich beim EU-Gipfel in Nizza einen „Moment von Spannung“ gegeben. Dafür seien beide Seiten verantwortlich gewesen und hätten ihren Fehler eingesehen. Angesichts wichtiger Herausforderungen hätten Berlin und Paris seither problemlos zusammengefunden. An den Spitzentreffen im Sechs-Wochen-Rhythmus, die nach dem Eklat von Nizza eingeführt wurden, werde festgehalten.

Als jüngstes Beispiel für die Kompromissfähigkeit nennt Chirac im Figaro den Vorschlag, den er vergangene Woche mit Schröder dem EU-Konvent gemacht hat. Sowohl das „eher föderalistische Deutschland“ als auch Frankreich, das „stärker auf eine staatliche Zusammenarbeit“ setze, hätten einen Schritt aufeinander zu gemacht. Die Doppelpräsidenz funktioniere seit Jahren in der EU. Jetzt sollten die Kompetenzen und die Legitimation von Rats- und Kommissionspräsidenz gestärkt werden. Dass einE Staats- oder RegierungschefIn gleichzeitig RatspräsidentIn bei der EU wird, schließt Chirac aus.

Deutsch-französische Unterschiede sieht der Élysée-Palast in der Rüstungspolitik. Frankreich, das seinen Rüstungsetat erhöht hat, erwägt, Rüstungsausgaben aus dem Stabilitätspakt herauszunehmen. Das würde auch andere EU-Länder zu „größeren Verteidigungsanstrengungen“ ermuntern. DOROTHEA HAHN