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Archiv-Artikel

„Vattenfall den Spaß verderben“

Lichtblick-Chef Gero Lücking über die Moorburg-Genehmigung und umweltfreundliche Alternativen für die Hamburger Energieversorgung. Der Ökostromer würde gern ein Gaskraftwerk anstelle des geplanten Kohlemeilers bauen

taz: Herr Lücking, wie bewerten Sie die Entscheidung für Moorburg?

Gero Lücking: Damit wird ein Kraftwerk genehmigt, das sich an den Stromerzeugungsinteressen Vattenfalls und nicht am Bedarf Hamburgs orientiert. Allein die Fernwärmeleistung ist achtfach überdimensioniert.

Was bringen die wasserrechtlichen Auflagen, mit denen Hamburg die Moorburg-Genehmigung versehen hat?

Frau Hajduk hat keine andere Wahl gehabt, als über solche Auflagen die Daumenschrauben anzuziehen, um Vattenfall den Spaß an dem Projekt verderben. Da eine Verweigerung der Genehmigung nicht möglich ist, hat die Behörde versucht, den Betrieb wenig lukrativ zu machen, damit der Konzern möglicherweise noch Abstand von dem Kraftwerk nimmt.

Vattenfall hat angeboten, durch eine Leistungsdrosselung den CO 2 -Ausstoß um eine Million Tonnen zu reduzieren.

Dieser Vorstoß ist Augenwischerei, weil er rechtlich ohne Belang ist. Das ist eine unverbindliche Zusage gegenüber einer Landesregierung, die nicht mehr im Amt sein wird, wenn das Kraftwerk ans Netz geht. Da Vattenfall die Milliardeninvestition für Moorburg durch Vollauslastung refinanzieren will, ist diese Offerte so glaubwürdig wie die Behauptung, man kaufe sich einen Porsche, mit dem man dauerhaft nur 50 Stundenkilometer fahren wolle.

Für ein auch von Lichtblick für Moorburg favorisiertes Gaskraftwerk hat sich bislang kein Investor gefunden. „Unwirtschaftlich“ lautet unisono die Bewertung.

Dass Eon und EnBW offiziell kein Interesse am Bau eines Gaskraftwerks bekunden, liegt daran, dass beide Konzerne Vattenfall nicht in den Rücken fallen und durch die Alternative Gas ihre eigenen Kohleprojekte perspektivisch gefährden wollen. In Europa erfolgen zurzeit über die Hälfte aller Kraftwerksinvestitionen in Gas. Das zeigt, dass auch aus Sicht der Energieversorger Gas eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Option ist. Würde für Hamburg ein wärmegekoppeltes Gaskraftwerk ausgeschrieben werden, würde Lichtblick mit Sicherheit ein Angebot abgeben. Und Eon auch.

Vattenfall wirbt damit, dass Moorburg einen hohen Wirkungsgrad hat und alte, ineffiziente Kohlekraftwerke dafür abgeschaltet werden.

Gegenüber einem 30 Jahre alten Kohlekraftwerk hat Moorburg natürlich einen besseren Wirkungsgrad. Ein Gaskraftwerk hätte aber einen noch viel höheren Wirkungsgrad bei viel niedrigeren CO2-Emissionen. Wer Klimaschutzziele ernst nimmt, wird nicht umhinkommen, auf Gas statt auf Kohle zu setzen.

Interview: MARCO CARINI

Fotohinweis:GERO LÜCKING, 44, ist Leiter des Bereichs Unternehmenskommunikation des Hamburger Ökostrom-Anbieters Lichtblick.