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Archiv-Artikel

Koch lässt Wähler erschnüffeln

Mit einer CD-ROM von dimap ermittelt die Hessen-CDU, wo Wähler wohnen könnten. Datenschützer bezweifeln Legalität des Programms, kommen aber schwer weiter

KÖLN taz ■ Beim Stimmenfang setzt die hessische CDU auch ein Schnüffelprogramm zur Wählersuche ein. Eine CD-ROM des Bonner Meinungsforschungsinstituts dimap gibt der Partei Roland Kochs einen Überblick darüber, wo mögliches Wahlvolk wohnt. Das ist für Datenschützer interessant. Allerdings sieht es aus, als hätten die Hessen von ihren Kölner Parteifreunden gelernt. Die Köln-CDU hatte im Bundestagswahlkampf mit einer ähnlichen CD derartigen Ärger bekommen, dass die Hessen-CDU das Programm nun modifizierte.

Die Domstadt-Unionisten waren von ihrer Landesdatenschutzbeauftragten schwer gerüffelt worden. Sie hatten sich für die Bundestagswahl von dimap auf einer CD-ROM Daten der Kölner Wahlberechtigten recherchierbar machen lassen. Auf der CD-ROM waren neben der kompletten Anschrift nahezu aller Wahlberechtigten auch Daten wie sozialer Status, Wohngegend und Bildungsstand erfasst worden. Den Wahlkämpfern sollte so die gezielte Ansprache erleichtert werden. „Aus mehrfacher Hinsicht illegal“, urteilte die NRW-Datenschutzbehörde. Zum einen hätte die Stadt Köln nicht ein komplettes Wählerverzeichnis an die CDU geben dürfen, zum anderen waren soziodemografische Daten zu exakt berechnet worden, so dass unzulässige konkrete Rückschlüsse auf einzelne Person möglich gewesen seien. Landesinnenminister Fritz Behrens konstatierte einen Verstoß gegen das „Melderecht“ und urteilte: „Einmal rechtswidrig erlangte Daten unterliegen einem Weiterverarbeitungsverbot.“

Vor allem die berechenbare Wahrscheinlichkeit, nach der die Betroffenen CDU wählen, sorgte für Aufregung. Das sei ein „ganz sensibler Punkt“, so Landesdatenschützerin Bettina Sokol. Weil die Vorschriften über statistische Aussagen im Bundesdatenschutzgesetz aber ungenau sei, habe sie die anderen Aufsichtsbehörden der Länder angeschrieben. Es solle eine einheitliche Meinung darüber hergestellt werden, was die Parteien dürfen und was nicht. Die Sammelwut der Kölner CDU jedenfalls sei eindeutig unzulässig gewesen, erklärte Sokol.

dimap wurde Mitte Januar aufgefordert, sein Wählerausforschungsprogramm nicht mehr herzustellen oder zu vertreiben. Das Institut hält sich dazu bedeckt, hat einen Anwalt eingeschaltet. Recherchen des ARD-Magazins „Monitor“ und der taz ergaben nun, dass auch die hessische CDU einen Vertrag mit dimap hat.

Die Aufsichtsbehörden am Main sehen bisher aber keinen Grund zum Eingreifen. Das Programm „Hessen-Monitor“ orientiert sich nach Angaben des Regierungspräsidiums Darmstadt nah an den Gesetzen, die seinerzeit für die Volkszählung gemacht wurden. Statt – wie in Köln – Daten auf drei bis fünf Häuser zu berechnen, wurden in Hessen ganze Straßenabschnitte zugrunde gelegt. Die statistischen Aussagen seien damit nicht mehr so genau.

Kritiker stellen das in Frage. Für die Datenschutzkontrolleure problematisch ist, dass die CDU ihre Programme prinzipiell nicht herausrückt. Unklar ist unterdessen auch, wer die Softwarespione noch einsetzt.

P. BEUCKER/F. ÜBERALL