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hindenburgMachen wir‘s wie Potsdam?

Gibt es im Landtag wahrlich nichts Wichtigeres zu besprechen als das „Politikum“ von Hindenburg? Statt den alten militaristischen Sack mit einem souveränen Handstreich von der Ehrenbürgerliste zu fegen, veranstaltet man ein zweites – wochenlanges – Potsdam. Dort war in der vergangenen Woche bereits die Hindenburg-Aberkennungsfrage zur Krise mutiert und eine Kommission berufen worden. Na ja, man lässt sich Zeit – hoffentlich nicht genauso viel wie bei der Ehrenbürgerschaft Hitlers. Die hoben die Potsdamer erst 1990 auf.

Kommentar von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Anstelle die Forderung der Grünen ernst zu nehmen, den Sack abzuservieren, blüht auch Berlin ein neues Ränkespiel um geschichtspolitische Interessen, Namen und Ehrungen – versichert durch „grundsätzliche Prüfung“ und mit nostalgischem Netz und doppeltem Boden.

Doch der lange Weg durch die Institutionen ist unnötig, hat doch bereits 1990 eine Kommission in Berlin den historischen Kontext der Ehrenbürgerliste begutachtet. Hinzu kommt, dass auf jeden Einzelfall das Augenmerk zu richten ist und „Gießkannen-Kriterien“ die spezifische Bewertung mehr verwischen als klären. Schließlich reichen im Falle Hindenburg vorhandene Regularien zur Aberkennung der Ehrenbürgerschaft aus – nicht nur angesichts der Tatsache, dass nur der sie erhält, der sich in besonderer Weise um die Stadt verdient gemacht hat. Und der NS-Wegbereiter hat das nicht – ganz im Unterschied zu jenen anderen, die eine demokratische Ehrungskultur noch auf den Schild heben müsste.

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