: Ein „Kohlosaurus“ vor dem Kanzleramt
Neuer Anlauf im Kampf gegen neue Kohlekraftwerke: Klimaschützer gehen quer durch Deutschland auf Protestreise. Sie sehen kaum Chancen, den neuen Block in Mannheim zu verhindern, aber bessere Aussichten in Hanau
Der Klimaprotest geht mit seinem „Kohlosaurus“ auf Diskussions- und Protesttour. Die einzelnen Stationen:
7. 10. in Berlin, 8. 10. in Mannheim, 9. 10. in Düsseldorf, 10. 10. in Krefeld, 11. 10. in Köln, 13. 10. in Mannheim, 14. 10. in Hanau, 16. 10. in Brunsbüttel, 18. 10. in Stade, 19. 10. in Dörpen, 22. 10. in Schwerin.
Veranstaltungsorte, Programm und Teilnehmer unter www.campact.de/klima/home
BERLIN taz ■ Am morgigen Dienstag soll die Bundeskanzlerin einmal richtig erschreckt werden, wenn sie von ihrem Amtszimmer auf den Platz zwischen Kanzleramt und Bundestag blickt. Zumindest hoffen das die Mitarbeiter der Klimaschutzorganisation Campact, die dort ihre 14-tägige Tour gegen neue Kohlekraftwerke durch die Republik starten. Einen fünf Meter hohen und drei Meter breiten Kühlturm aus Stahl, Aluminium und grauer Fenstergaze werden sie auf dem Gelände zwischen Regierungssitz und Parlament auffahren, aus dem ein aus 2.000 pechschwarzen Luftballons geknüpfter Plastikdino, steigen soll – der „Kohlosaurus“.
Das Urzeitmonster steht für veraltete Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen und wird „den breiten Widerstand“ während der Protestkampagne anführen, erklärte der Leiter von Campact, Christoph Bautz. Die Umweltschützer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), das Bündnis „Die Klima-Allianz“ und Oxfam unterstützen den Verein bei seiner Aktionstour durch insgesamt elf Städte, in denen neue Kohlekraftwerke geplant sind oder bereits gebaut werden.
In Diskussionen mit Lokalpolitikern, Vertretern von Bürgerinitiativen und Wissenschaftlern wolle man vor Ort die Ablehnung vieler Menschen gegen „rückwärtsgewandte Technologie“ zeigen, meint Projektkoordinator Bautz. Schließlich „ist der Ausstieg aus Atom- und Kohlekraft gleichzeitig möglich“, wie selbst Studien des Umweltbundesamtes zeigen würden, das die Regierung in umweltpolitischen Fragen berät. Aber die Politik berücksichtige das noch viel zu wenig. Bundesweit werden nach Angaben der DUH 30 neue Kohlekraftwerke geplant oder bereits gebaut.
Am weitesten fortgeschritten ist das Verfahren für den Block 9 des Kohlemeilers in Mannheim. Hier endet die Einspruchsfrist gegen den geplanten Kraftwerksteil am 14. Oktober. Aktivist Bautz rechnet nicht mit einem Erfolg der Kohlegegner: Die Rechtslage sei schwierig und der Widerstand durch Bürgerinitiativen gering. Glaubt man dem Bauherrn der Anlage, der Grosskraftwerk Mannheim Aktiengesellschaft (GKM), liegt das an der „offenen und transparenten Kommunikationspolitik“ des Unternehmens.
Für das Kraftwerk Staudinger bei Hanau stünden die Chancen, einen neuen Block noch zu verhindern, dagegen besser, meint Christoph Bautz. Eigentümer Eon habe schon im April durch seinen Chef Wulf Bernotat erklären lassen, den Kraftwerksteil nicht gegen den Willen der Politik durchzusetzen. Ein Ablehnungsbeschluss durch den hessischen Landtag liegt seit Juli vor.
Die Klimaschützer von Campact fordern unterdessen, für die Stromerzeugung durch Kraftwerke einen elektrischen Mindestwirkungsgrad von 58 Prozent gesetzlich festzulegen. Dadurch könnten nur noch solche, die mit Gas versorgt werden, zugelassen werden. Dass ihre Aktionstour aber unmittelbaren Erfolg habe, damit rechnen sie nicht: „Ich glaube nicht, dass danach plötzlich mehrere Kraftwerkspläne in den Papierkorb wandern“, meint Christoph Bautz. MATTHIAS SCHREIBER