: Nicht das übliche Geklicker
„Alles, was ich tue, geschieht aufgrund von kleineren oder größeren Fehlern“: Ein Gespräch mit Stefan Thor, der als Folie mit seinem Laptop die Astra-Stube besucht
Der 29-jährige Schwede Stefan Thor alias Folie macht zwar selbst Computermusik, hört aber lieber Tom Waits. Vielleicht ein Grund, weshalb seine Stücke so anders als das übliche Laptop-Geklicker klingen.
taz hamburg: Stefan, welches war das schönste Geräusch, das du je gehört hast?
Stefan Thor: Knifflige Frage. Ich bleibe eigentlich eher an „interessanten“ Geräuschen hängen. Neulich habe ich zum Beispiel ein kleines Mikrophon in die Futterschale meiner Katze gelegt und gesampelt, wie das Tier sich zum Mikro vorgeknabbert hat. Das Ergebnis war dermaßen sonderbar, dass ich nicht glaube, es noch weiter bearbeiten zu können. Es ist einfach schon ein vollendetes Stück.
In einem Internet-Magazin stand mal geschrieben, deine Musik höre sich an „wie die Vertonung lustiger Modelllandschaften oder kleiner Filme mit Knetgummi- oder Playmobil-Figuren, die in holpriger Stop-and-go-Animation kleine Geschichten zum Schmunzeln erzählen.“
Ich habe zwar selbst nie in diese Richtung gedacht, was meine Musik betrifft, aber das klingt doch sehr nett. Ich sollte gleich mal zu meiner Mutter fahren, alte Spielsachen raussuchen und ein paar Hintergrundfilme einspielen ...
Auf dem Innencover deiner CD Misspass ist ein gepixeltes Marsipulami abgebildet. Ein Hinweis auf die Musik?
Das Marsipulami ist in Wirklichkeit ein äußerst hässlicher Stoffbär, den ich extra für die Platte aus ein paar Strümpfen zusammengenäht habe. Nichts an ihm sitzt wirklich da, wo es sitzen sollte. Alles ist ein wenig schief und schräg, aber er sieht trotzdem recht freundlich aus. Ungefähr so, wie meine Musik klingt, vielleicht.
Welche Rolle spielen Fehler, wenn du Musik machst?
Eigentlich geschieht alles, was ich tue, aufgrund von kleineren oder größeren Fehlern. Wenn ich mit einem Stück anfange, habe ich nie einen klaren Plan vor Augen. Meist ist der Ausgangspunkt irgendein spezieller Klang. Von da an entsteht alles aus Experimenten und Fehlkopplungen. Wenn ich mir etwa die verwendeten Originalklänge eines Stückes nach dessen Fertigstellung noch mal anhören würde, könnte ich nicht mehr sagen, welcher Klang an welcher Stelle im Lied wieder auftaucht. Mehr als 90 Prozent von dem, was ich mache, wandert bei dieser Technik natürlich direkt in die Mülltonne.
Mal ehrlich: Konzerte mit Laptop-Musikern können ziemlich langweilig sein. Meist gibt es nichts zu gucken, und dann kommt oft noch diese offensive Ernsthaftigkeit hinzu.
Mir haben sogar schon Leute gesagt, ich sei auf der Bühne manchmal zu fröhlich und zu aufgekratzt. Das liegt aber nur daran, dass ich den Takt halten muss, um nichts auszulassen. Und ich habe auch kein Problem mit Musikern, die bloß stur dastehen. Das sind ja oft verdammt ausgefuchste Techniker und eben keine Bühnenaffen, die sich im Rampenlicht wohl fühlen. Lieber ein soundmäßig gutes Konzert mit solchen Leuten, als ein schlechtes Konzert mit einem DJ, der herumhampelt.
Interview: Jan Möller
Dienstag, 21.30 Uhr, Astra-Stube
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