: Friedensplan als letzte Chance
Türkische Zyprer fordern Annahme des UN-Vorschlages. Präsident Denktasch isoliert
LONDON taz ■ Bei uns, so die übereinstimmende Feststellung mehrerer Vertreter der nordzyprischen Opposition, ist ein „revolutionärer Wandel“ im Gange. Zum ersten Mal seit der Gründung der „Republik Nordzypern“ gehe die Mehrheit der türkischen Zyprer auf die Straße, um für eine Lösung des Zypern-Konflikts im Sinne des UN-Plans zu kämpfen.
Bei einem von der Friedrich-Ebert-Stiftung in London organisierten Treffen von türkischen und griechischen Zyprern, ließen die türkischen Zyprer keinen Zweifel daran, dass die Bevölkerung des Nordens, ganz im Gegensatz zu ihrer politischen Führung, zum Frieden mit dem Süden bereit sei. Rauf Denktasch, Präsident der völkerrechtlich nicht anerkannten Republik Nordzypern, habe den Rückhalt in der Bevölkerung verloren und halte sich nur noch mit Unterstützung der türkischen Armee.
Doch trotz dieser Veränderung in der türkisch-zyprischen Community scheint die Chance, bis zum 28. Februar – dem von der UN vorgegebenen Schlussdatum für Verhandlungen – eine Vereinbarung zu erreichen, minimal. Das liegt an der Haltung von Denktasch, der allem Anschein nach den Status quo einer Lösung vorzieht, aber auch an der Situation im Süden. Im griechischen Teil wird am 16. Februar ein Präsident gewählt, was die Position des Amtsinhabers Glafkos Clerides schwächt und dazu führt, dass der Annan-Plan nur unter Wahlkampfgesichtspunkten diskutiert wird.
Trotzdem gingen die griechischen Zyprioten in London davon aus, dass ihre Regierung einen leicht modifizierten Annan-Plan unterschreiben würde, wenn auch in der Türkei eine entsprechende Entscheidung falle. Doch die Zeichen aus Ankara sind nicht ermutigend. Nachdem der Chef der regierenden AKP, Tayyip Erdogan, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos Denktasch noch für seine Hinhaltetaktik kritisiert hatte, knickte die AKP-Regierung später unter dem Druck der Militärs ein. Noch am Montag war der Chef des Heeres, General Aytac Yalman, nach Zypern geflogen und hatte Denktasch der Unterstützung der türkischen Armee versichert. Der Plan, so Yalman, berge das Risiko, auf Zypern wieder eine Unterdrückung der Türken herbeizuführen, und das sei nicht akzeptabel. Außenminister Yakis erklärte, die Regierung in Ankara stimme mit Denktasch überein.
Die wachsende Opposition in Nordzypern will sich von solchen Aussagen aber nicht mehr einschüchtern lassen. Ihre Vertreter kündigten an, ihre Bewegung stärker zu institutionalisieren, um eigene, legitimierte Sprecher Denktasch gegenüberzustellen. Den Annan-Plan sehen die meisten türkischen Zyprer als letzte Chance, auch für den Norden lebenswerte Bedingungen herzustellen. Gelänge es nicht, jetzt eine Lösung herbeizuführen, würden wohl die meisten Zypern-Türken die Insel verlassen. JÜRGEN GOTTSCHLICH